Vorneweg: ich wäre bei einem 9-Euro-Ticket als Radfahrer auch ein Draufzahler.
Ich verstehe deine Einwände, aber ich seh’s so: Wir brauchen einen Wandel hin zu mehr öffentlichem Nahverkehr, ich glaube aber nicht, dass es uns gelingt, diesen Wandel mit einem Gleichschritt von öffentlichen Regelungen, öffentlichen Geldern und privaten Verhaltensänderungen umzusetzen. Ich denke, wir müssen immer in bestimmten Bereichen vorgaloppieren, dann gibt’s Anpassungsschmerzen und die anderen Bereiche ziehen nach.
Konkret auf ein 9-Euro-Ticket: Momentan ist das Zugpersonal an der Belastungsgrenze, die Züge teilweise auch, und viele Leute fahren trotzdem noch so häufig Auto wie vorher. Wenn wir jetzt eine Art 9-Euro-Ticket weiter betreiben, wird es neue Argumente für einen Ausbau der Kapazitäten geben - und auch mehr Forderungen danach in der Bevölkerung. Wenn ein 9-Euro-Ticket eine verlässliche Größe und Bahnfahren nicht mehr ein Fressen-und-gefressen-werden ist, werden bestimmte Leute sich vielleicht grundsätzlich gegen die Anschaffung eines Autos entscheiden. Das ist für sich schon mal ein Gewinn (denn es wurde - vereinfacht gesprochen - ein Auto weniger produziert), und zusätzlich werden diese Leute dann auch weniger Auto fahren (weil es immer mit Aufwand/Ausgaben verbunden is, sich für 'ne Fahrt ein Auto zu beschaffen).
Lange Rede: Ich glaube, wir brauchen einen langen Atem bis es endlich zu Änderungen kommt, wir eine gewissen Leidensfähigkeit bzgl. der Anpassungsschmerzen und wir brauchen die Akzeptanz, dass neue Maßnahmen die niemals perfekte Puzzlestücke in refomierungsbedürftigen System sind. Und wir brauchen diese neuen, imperfekten Maßnahmen.