Räumung von Lützerath

Die vorrückende Polizei wird von den Protestierenden mit Feuerwerkskörpern beschossen, auch Steine fliegen. Mit Durchsagen versuchen die Beamten auf die Aktivisten einzuwirken: »Die Polizei fordert alle Personen auf, Lützerath zu verlassen.« Und weiter: »Aufgrund der Allgemeinverfügung ist Ihnen der Aufenthalt in Lützerath untersagt.«

wie steht ihr dazu? ist das für euch noch tragbar zum wohle des klimas?

bin da sehr zwiegespalten. sehe den zweck dahinter und heiße ihn auch gut, aber das ganze jetzt mit aller gewalt (im wahrsten sinne des wortes) zu verteidigen? hm.

Wenn bürgerlicher Protest nicht mehr hilft, dann bleibt den Leuten halt irgendwann nichts mehr übrig.

Kann man sehen wie man mag, aber es wird seit Jahrzehnten auf die Bevölkerung gekackt was den Abbau angeht. Es werden ständig Orte niedergewalzt.

Ich denke, man darf nicht vergessen, dass hier unnötigerweise ganze Ortschaften weggebaggert werden. Ist auch ziemlich viel Gewalt.

Und wenn Steine und Feuerwerkskörper nicht mehr helfen?

Das kannste dir sicherlich denken. Wenn Menschen verzweifelt sind und sich nicht mehr anders zu helfen wissen, dann eskaliert das immer mehr.

Kp, finde die Gewalt, richtet sich da auch immer gegen die falschen, die Polizei hat das nicht entschieden, die müssen es nur durchsetzen. Am Ende des Tages sind das auch nur Menschen.

Aber ja, an die Politiker etc kommste ja nicht dran, ist halt trotzdem irgendwie einfach falsch, dass der „Pöbel“ sich da die Köpfe einschlägt, während die Entscheidungsträger noch am Frühstücken sind.

komme selber aus einer region mit braunkohleabbau. ein großteil meiner familie hat zu ddr-zeiten (zumindest zeitweise) in dieser industrie gearbeitet. kann die geschichte also ganz gut nachvollziehen.

ich sehe halt leider nicht, wie gewalt hier irgendwie zu einer lösung führen soll. und ja ich weiß, dass friedlicher protest auch nicht viel bringt, aber muss man denn „sinnlos“ die gesundheit anderer (der polizei) aufs spiel setzen, die mit der eigentlichen entscheidung nichts am hut haben?

€: und ja, polizei ist natürlich der vertreter des staates, aber ihr wisst, was ich meine.

Die bergbauliche Inanspruchnahme der ehemaligen Siedlung Lützerath in diesem Winter ist notwendig, um inmitten der Energiekrise eine sichere Versorgung der Kraftwerke zu gewährleisten und Gas bei der Stromversorgung einzusparen sowie ausreichend Abraum und Löss für eine hochwertige Rekultivierung zu gewinnen“, resümiert RWE.

Natürlich schreibt RWE nur etwas, was in ihre Interessen passt, aber anscheinend wurde der Kompromiss so verhandelt, dass das Gebiet noch für die Kohleverstromung gebraucht wird. Gibt es denn Quellen, dass es problemlos auch so gehen würde?

Ich hoffe einfach, dass niemand zuschaden kommt. Gegen Protest und Blockaden habe ich nichts einzuwenden. Ich fürchte nur, dass es richtig eskaliert.

Ich denke, es geht da auch nicht aktiv gegen die Polizei - du kannst da auch Ronald McDonald Imitationen hinstellen, die den Ort räumen sollen. Dann werden halt die angegriffen. Ohne zu sagen, dass das nun eine super gute Lösung ist, die da gerade passiert, stelle ich mir die Frage: Wie soll man denn Aufmerksamkeit generieren, wenn alles, was man tut, nicht wirkt? Es war hier wirklich bereits alles dabei. Friedlicher Protest, Besetzung. Es ist offenbar scheiß egal. Also wehrt man sich bis zum Schluss. Irgendwo verständlich, ohne das ich das direkt gutheiße.

Der „Kompromiss“ ist eigtl keiner, weil RWE afaik nun in kürzerer Zeit einfach deutlich mehr Braunkohle abbauen darf als während der ursprünglichen Laufzeit:

Und ja, es gibt Quellen:

dazu kommt, dass die geförderten Braunkohlemengen (bzw. deren Nutzung) wohl auch nicht ganz zu dem passen, wozu wir uns im Pariser Klimaabkommen verpflichtet haben.

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Protest hat nun mal kein Anrecht darauf erfolgreich zu sein. Es kann nicht der Anspruch eines Protestierenden sein, so lange abzugehen, bis seine Sache durchgesetzt ist.

Klar ist das der Anspruch eines Protestierenden. Oder soll man mit dem Gedanken zum Protest gehen, dass es eh nix bringt? Dann kannst zuhause bleiben.

Das ist nicht der korrekte Rückschluss.

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Und ich glaube, du hast ein falsches Verständnis dafür, welche Ziele ein Protestierender verfolgt.

Davon abgesehen - für den konkreten Fall - kann man eigt schon den Anspruch haben, dass die Regierung sich an gesetzliche Regelungen und Abkommen hält.

kleine anmerkung am rande: finde es auch ein wenig befremdlich, wenn bei einem protest für den klimaschutz u.a. barriakaden mit brennenden reifen errichtet werden.

Erstmal danke für die Erklärung!

Naja, wir reden dennoch davon, dass durch den Kompromiss nur eines von 6 Dörfern weichen muss.

Im Oktober 2022 einigte sich RWE mit der Landesregierung und dem Bund, die Braunkohleverstromung schon 2030 statt 2038 einzustellen. Damit können die meisten Dörfer stehen bleiben, nur Lützerath, das sich direkt am Rand des aktuellen Abbaugebietes befindet, soll noch dem Tagebau weichen.
[…]
Durch den vorgezogenen Ausstieg wird nach Angaben der Bundes- und Landesregierung etwa die Hälfte der zuvor genehmigten Abbaumenge im Boden bleiben.

Es geht mir um aussagen wie:

Wenn bürgerlicher Protest nicht mehr hilft, dann bleibt den Leuten halt irgendwann nichts mehr übrig.

Ich kann, nur weil ich meine Agenda nicht durchsetzen kann, nicht einfach die nächste Eskalationsstufe wählen, bis alle Forderungen erfüllt sind.

Das ist dann immer das Totschlagargument. Wenn man für den Klimaschutz ist, darf man nur noch autark im Wald leben.

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Naja, aber zwischen autark im Wald leben und Reifen anzünden gibt es aber schon noch paar Stufen, meinst du nicht?

Ja, wenn man es so sieht, ist es natürlich ein super Kompromiss. Ob da am Ende noch ein Dorf übrig bleibt, juckt das Klimaziel aber nicht. Und wenn eben festgestellt wird - oder fairerweise: auch nur der Verdacht besteht, dass wir die Kohle gar nicht benötigen - sollte man nicht so tun, als wäre es unumgänglich, den Käse einfach sein zu lassen.

Doch, kann man schon. Wie wir gerade sehen. Die Frage ist doch: Was ist die Alternative? Friedlicher Protest wird ignoriert. Wissenschaftliche Studien werden ignoriert. Belagerung wird ignoriert. Was soll man tun? Einfach nix mehr? Dann geht die Welt halt vor die Hunde?

Sicher - und sicherlich ist Reifen anzünden nicht supidupi. Nur ist es irgendwie leicht nebelkerzelig, wenn man in so einer Diskussion einfach darauf zeigt. Ich denke, das ist … zu einfach. Aber um so4ps Frage zu beantworten: Muss sicherlich nicht sein.

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