Ich hab über die Thematik die letzten Jahre viel nachgedacht, bin auch selbst mit der aktuellen Politik nicht wirklich zufrieden und bekomme auch in meinem Umfeld mit wie viele Leute immer mehr abdriften und überfordert sind mit den ganzen Krisen.
Ich habe mich bisher immer eher als progressiv empfunden, habe in der Regel die Linke gewählt und auch mit den Grünen sympathisiert. Bei den Grünen sehe ich aber nur einen progressiven Schein mit wenig Futter dahinter. Ich finde immer wenn es in Richtung größere strukturelle Änderungen geht wird fleißig der Mainstream wieder abgenickt, halt die Partei der Bauchschmerzen. Wurde auch in der heute-show ganz gut aufgezeigt. Und diese Scheinheiligkeit schmerzt sehr. Die wollen zwar große strukturelle Änderungen, bekommen es aber nicht hin die Gesellschaft dabei mitzunehmen, weil es für diese Änderungen auch einen finanziellen Ausgleich geben muss, wie zum Beispiel ein Klimageld, nur um das mal als Beispiel zu nehmen was ich damit meine. Wirkt auf mich halt wie mit der Brechstange und wenn Leute dabei auf der Strecke bleiben, who cares? Und die Bild-Zeitung-Kampagne tut dann beim Durchschnitts-Deutschen ihr Übriges, ist sehr effektiv, wenn du 24/7 damit zugeballert wirst wie eine Partei alleine an Allem Schuld ist^^.
Dann haste halt noch eine sozial-demokratische Partei, die bei diesen strukturellen Fragen dann auch immer eher den neoliberalen Kurs gewählt hat. Der Spruch mit dem wer hat uns verraten… ist leider absolut wahr. Und dann hast du die FDP, die so tut als wäre sie liberal, aber in Wirklichkeit ist das absolut konservativ/mainstreamig mit der Schuldenbremse. An der Schuldenbremse ist nämlich gar nichts liberal, weil sie die Freiheit zu gesellschaftlichem Fortschritt komplett einschränkt. Das zeigt eigentlich nur, dass man sich vor öffentlichen Investitionen in die Hose kackt und man die Verantwortung auf den Markt weiter schieben will.
Und dann hast du auf der anderen Seite, „der Opposition“ Parteien die auf komplizierte Fragen einfache Antworten geben wollen, obwohl sie 16 Jahre zuvor nichts geschissen bekommen haben. Leider sind wir als Gesellschaft sehr empfänglich für dieses nach unten treten, was die CDU/CSU/AfD/Freie Wähler super drauf haben. Jedes Mal, wenn ich Linnemann in einer Talkshow sehe denke ich Gerhard Schröder hat angerufen und will seine Politik aus 2010 wieder zurück, das ist 0 progressiv, nur destruktiv. Und trotzdem funktioniert es, weil es halt auch für die Leute bequem ist. Man kann schön auf die da unten treten, sein Schnitzel weiterfressen, das Stinkeauto weiter fahren und muss selbst auch nichts ändern, weil immer alle anderen Schuld sind und manche Leute können auch finanziell bedingt gar nicht groß etwas ändern, weil viel vom „deutschen Erfolg“ auch auf dem Niedriglohnsektor aufgebaut wurde. Wieviele Deutsche haben kein Erspartes? 30-40% oder so?
Dann sind Flüchtlinge Schuld, die faulen Bürgergeld-Empfänger sollen halt mal arbeiten, jeder kennt die Argumente, die Grünen wollen uns umerziehen bla bla.
Und dann hast du als average joe noch die Linke, die sich mittlerweile komplett zerlegt hat und eigentlich eh nie eine realistische Chance auf eine Regierungsbildung hatte. Da kann ich dann schon verstehen warum einige Leute sagen, jo dann scheiße ich halt auf den Rassismus, weil der mich eh nicht betrifft und wähle eine Partei, die gegen alles ist, Hauptsache kein Mainstream mehr. Viele Leute sind’s einfach satt, gefühlt braucht es seit 20 Jahren große strukturelle Veränderungen, aber es kommt irgendwie wenig dabei rum, die Leute merken es an allen Ecken und Enden (Gesundheitswesen, Kitas etc.), auch im Geldbeutel und werden immer wütender und dann werden irgendwelche weirden Woke-Diskussionen geführt bei denen selbst ich als Linker nur noch cringen kann.
Für mich wird es da auch schwer eine neue politische Heimat zu finden, wenn die Linke nicht mehr ist. Dann wird’s wahrscheinlich auch die Wagenknecht-Partei als kleinstes Übel.