Deutsche Politik

Die klassische Antwort wäre die antizyklische Intervention des Keynesianismus. Der Staat investiert wenn es schlecht läuft und kurbelt damit den Binnenkonjunktur an. Bürger haben wieder mehr Geld in der Tasche und geben es aus. Investitionen werden gemacht, der stotternde Motor des Kapitalismus springt wieder an.

Ich gehe einen Schritt weiter. Staatsschulden sind solange irrelevant, solange der Staat, wie auch immer, liquide ist. Die Liquidität eines Staats verhält sich anders als die von einem Unternehmen oder einer privat Person. Gläubiger sind häufig die eigenen Bürger und damit man selbst. Staatsausgaben beleben die Konjunktur. Man hat (zumindest indirekt) die Möglichkeit Geld zu drucken. Der Staat kann gesetzgebend Eingreifen.

Solange die Staatsschulden nicht in Fremdwährung bei im schlimmsten Fall ausländischen Gläubigern, die dem Staat den Zugang zum Finanzsystem verschließen können, sind wird es zu keinem Liquiditätsproblem kommen. Der imperiale Kern, also die USA, Frankreich, GB, Deutschland und Japan, sind nicht nur gefeit vor dem Problem, sie nutzen es gegenüber dem Globalen Süden aus.

Wie kommt es eigentlich, dass beim Thema Staatsverschuldung immer über Ausgaben und nie Einnahmen gesprochen wird? :thinking:

In Giralgeld wird nur bezahlt, wenn du an ein Konto bei der gleichen Bank überweist. Das kann die Bank dann in ihrer eigenen Bilanz buchen. Aber ansonsten setzt das immer eine Zahlung in Reserven in Gang.

Kommt drauf an.
Wenn du auf einen Schlag alle Staatsschulden begleichen willst wahrscheinlich schon, weil plötzlich jeder enorm viel mehr Steuer zahlt und die Nachfrage zusammenbricht.
Aber warum würde man das wollen?

Warum wollen alle Politik für ein anderes, insolventes Land machen und nicht für das Deutschland, was wir haben?

Deutschland hat in den Jahren vor Corona jedes Jahr Schulden getilgt, indem es mehr eingenommen als ausgegeben hat. Also nein, genau das ist der Weg.

Einnahmen kann der Staat ja auch aus anderen Quellen machen, z.B. durch Verkäufe. Ich habe da zugegenermaßen keinen Überblick.

Ja, darum bin ich mir bei allem Pro-Europäismus bis heute nicht sicher, wie gut die Idee eines Euros und einer EZB wirklich war. :X

Anyway, danke euch zweien für die Ausführungen! So ich wie ich’s verstanden habe, ist der Twist, dass DE vor allem bei deutschen Staatsbürgern verschuldet ist, und Staatsausgaben dann entweder 1:1 oder - wenn es eine Hebelwirkung gibt, wovon man bei Investitionen ja ausgeht -, 1:x in die Taschen der Bürger wandern. Und solange das passiert, ist die Höhe der Staatsschulden (die ja vor allem bedeutsam für die Kreditwürdigkeit/Kreditbedingungen sind) irrelevant.

Dass die Höhe der Staatsschulden völlig egal ist, würde ich nicht sagen.

Ich weiß, dass der MMT auch dieser Blick auf das Geldsystem, wie es real existiert, zugrunde liegt. Aber ich bin über ganz andere Umwege dazu gekommen und habe mich mit MMT tatsächlich noch gar nicht so wirklich beschäftigt. Müsste man mal sehen, was die MMT zur Höhe der Staatsschulden sagt.

Meiner Meinung nach sollten wir zumindest aufhören, jede Diskussion mit dem Standpunkt, dass man das begrenzte Geld der Steuerzahler und der nächsten Generation ausgibt, zu beginnen.
Weil das einfach der Realität nicht entspricht.

Hat jemand im Kopf, auf wessen Mist der Schwarz-Null-Fetisch gewachsen ist? war das unter CDU oder SPD-Finanzminister? …oder gar das kurze FDP-Intermezzo?

2009 unter Merkel II mit Schäuble (ofc xD) afaik

Schon unter Steinbrück, glaube ich.

Da agieren die russischen Gerichte auch mal wieder sehr unabhängig…

Kasachstan hätte da Deutschland durchaus helfen können.

Und die Linke kriegt leider ihre Russlandpolitik nicht in den Griff. Ein doch sehr peinlicher Vorschlag von Ernst die Sanktionen zu beenden und sogar zu überlegen Nordstream 2 zu aktivieren.

Ernst soll seinen Mund halten.

Natürlich funktionieren die Energiesanktionen im Moment mäßig bis gar nicht, wenn man nur nach und nach weniger einkauft und gleichzeitig die Preise explodieren.

Aber die Abwanderung der großen weltweiten Ölfirmen und vor allem der Dienstleiter wie Halliburton oder Schlumberger wird Russland nach und nach treffen, wenn Instandhaltungen anstehen oder neue Quellen erschlossen werden müssen, siehe Venezuela oder Iran.

/edit:
Wenn man die Sache Ernst meint, sollte sich der Westen schnellstmöglich auf einen Höchstpreis für russisches Öl & Gas einigen. Wenn der Westen nur $60 oder $80 zahlt, bin ich mal gespannt, wie weit das mit der „Freundschaft“ zu Russland in Indien und China geht. Ob man dann dort wirklich den Weltmarktpreis an Russland bezahlen will oder einfach einen Dollar mehr als der Westen.

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Du alter Neocon!

Friedrich Merz trifft sich mit Lindsey Graham (republikanischer Senator) um darüber zu diskutieren wie man konservative Werte retten kann xD. Das wird auch echt immer gruseliger mit der CDU, will mir gar nicht ausmalen was auf uns zu kommt, wenn die unter Merz irgendwann vielleicht wieder in der Regierung landen.

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Hat mich bei der Debatte um die Waffenlieferungen, als die Linke lieber schnellere und effektivere Sanktionen gefordert hat, schon gewurmt.

Ich weiß nicht, ob die Partei zu wenig Leute hat, die sich um diese wirtschaftlichen Zusammenhänge kümmern oder man den Leuten einfach nicht genug Stimme gibt, aber warum die derzeitigen Sanktionen nur so mäßig funktionieren, müsste auch jeder Laie erkennen:

Wenn man nach und nach zwar immer ein bisschen weniger kauft, aber das doppelte bezahlt, tut man dem Gegenüber anfangs nicht wirklich weh.

Eine smartere Oppositionspartei hätte diesen Fehler in der Regierungspolitik dem Wähler wohl auch leicht verständlich machen können.

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Die Idee der schwarzen Null kam von vielen auf und, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, wurde es mehrmals von der SPD angekündigt. Zumindest in den 2000ern wurde es angekündigt (2005 oder 2006 von Steinbrück und ich meine vorher auch schon) und zum Schuldenbau aufgerufen. Von der CDU/FDP dann später ins GG verabschiedet und auch die Ziele erreicht.
Da wurde viele Jahre lang Rücklagen gebildet von denen wir dann in den letzten Jahren noch knabbern konnten und die jetzt weg sind und den Haushalt für die Zukunft noch enger gestalten.

Die schwarze Null ist ja nicht grundsätzlich schlecht. Wer meint, dass man immer weiter grenzenlos Schulden machen kann und das keine Auswirkungen hat - auch als Staat- , der hat wenig verstanden.
Übertrieben formuliert: Warum geben nicht alle Staaten nicht jeden Bürger 100.000 Euro und setzt das Rentenalter auf 62 Jahre runter wenn die Schulden so egal sind und wir genießen unser Leben und unsere Wirtschaft.
Die Antwort ist natürlich klar.

Die Frage ist wo man die Grenze zieht und in welcher Situation man ist. Man muss kein Experte sein um ahnen zu können, dass wir mit einem vergleichbaren Schuldenstand wie Italien (BBB Rating oder ähnlich) wesentlich weniger Spielraum für die Zukunft hätten und die Stabilität der europäischen Währungsunion wesentlich schlechter dastehen würde bzw die Gefahr sehr real wäre. Und bei all der aktuellen Instabilität, die sich in meinen Augen noch verschlimmern wird, kann man durchaus froh sein, dass wir so gut dastehen. Die aktuelle Situation ist kein Selbstverständnis.

Kritik bzw Diskussionen sind berechtigt ob man an der schwarzen Null aktuell festhalten muss bzw. wie sinnvoll ein stures Festhalten daran ist. Wie oben geschrieben waren es damals glückliche wirtschaftliche Umstände und co die ein Einhalten der schwarzen Null einfach gestaltet haben. Jetzt sieht es enger aus und in der aktuellen Zeit wo viele Probleme angegangen werden müssen (Klima, Kriegsfolgen, Corona, steigende soziale Ungleichheit, nötige Investitionen in Infrastruktur und co) muss man genau abwägen was man machen muss.
Und in meinen Augen darf ein Festhalten an der schwarzen Null nicht dazu führen, dass einer der oben genannten Punkte zu wenig angegangen wird. Dann kann man lieber einen etwas höheren Schuldenstand zulassen, der kurzfristig nicht unbedingt nachteilig sein muss oder man befürchten muss dass Deutschland jetzt irgendwie abschmiert oder ähnlich :D Wir stehen gut da und haben Spielraum. Langfristig sollte man aber schon schauen das man vernünftig haushaltet. Ein unendlicher Gang ist es nämlich nicht.

Ich weiß gar nicht wie der Stand ist, aber ich hoffe darauf, dass viele Klimainvestitionen (falls an der Null festgehalten wird) abseits des Haushalts betrachtet werden. So wie es jetzt mit Corona auch ist.

Aber mit seiner neuen Brille sieht er doch so modern aus…

Friedrich Merz halt. Das frische Gesicht der neuen CDU.

Davon redet ja auch niemand.

Warum leihe ich mir keine Milliarde und baue ein Raumschiff?
Ok, ich hab’s noch nicht versucht. Aber vermute mal, meine Bank macht nicht mit. Dem Berater wird mein Raumschiff-Businessplan nicht gefallen (1) und wenn’s schief geht, sieht die Bank das Geld nicht wieder.

Das gleiche gilt erstmal auch für den Staat. Der informiert regelmäßig über seine wirtschaftliche Lage, was er plant und wie viele Schulden er aufnehmen will. Dann auktioniert er Staatsanleihen, private Banken bieten darauf und wenn die Gebote passen, bekommt der Staat Geld zu irgendeinem Zinssatz. (2)

Genau.
Und Deutschland ist einer Situation, in der die derzeitige Grenze keinen Sinn ergibt.

Stimmt vielleicht.
Der Experte weiß aber auch, dass Deutschland nicht einfach ~2 Billionen € mehr Schulden haben kann (wäre so Italien-Niveau), ohne, dass zwingend etwas anderes passiert: Irgendjemand hat auch 2 Billionen € mehr Vermögen (nämlich deutsche Staatsanleihen für 2 Billionen € in seiner Altersvorsorge). Und je nachdem, wer das ist, kann das ein Riesenproblem sein oder auch keins. Schulden sind immer auch Vermögen eines anderen. Meine Raumschiff-Schuld ist Vermögen der Bank.

Offensichtlich wird die Bank das abschreiben müssen. Ich hab höchstens mal einen Schrank aufgebaut und tauche natürlich irgendwann unter. Dann ist meine Schuld weg, das Vermögen der Bank weg und die Bank hat den Spaß von ihrem Geld bezahlt.

Dass die Schulden im Euroraum so ungleich verteilt sind, ist ein Problem.
Wenn Deutschland Schulden aufnimmt und jedem Bundesbürger einen zweiwöchigen Italienurlaub spendiert, könnte man das Problem etwas beheben, weil einiges beim Italienischen Staat hängen bleiben wird (kein ernstgemeinter Vorschlag).


(1) WAS WEISS DER SCHON VON RAUMSCHIFFEN?!
(2) Im weitesten Sinne legt der Staat über die Zentralbank den Zins fest. Deswegen sind Zentralbanken unabhängig und orientieren sich nur an ihren Zielen. Zumindest auf dem Papier. Aber um die Zentralbank geht’s gar nicht, Deutschland kann sich bei 0% problemlos verschulden aber auch bei 3 oder 4.

here we go

Für meinen Geschmack sind beide gerade eigentlich einer Meinung. Aber das muss ja kein Hindernis darstellen.

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Wenn die zwei einer Meinung sind explodiert das Universum oder so.

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Ehrlicherweise verstehe ich die Antwort auch weniger oder warum diese vereinzelten Passagen jetzt nochmal ausführlicher kommentiert wurden. Ich sehe da jetzt auch nicht die Diskussionsbasis oder den Konflikt bzw wurde vieles ja schon vorher in den Kommentaren von den anderen ausführlicher angesprochen.

edit unten: ich dachte wir beide können nicht mehr über Wirtschaftsthemen sprechen? Parabolon

Wir sind eigentlich ähnlicher Meinung. Ist vielleicht falsch rübergekommen. Habe nur so Argumente rausgepickt, die oft fallen und sich auf den ersten Blick wohl auch richtig anhören.

„Warum leben wir dann nicht alle in Saus & Braus?“ & „Wenn wir so viele Schulden hätten, wie Land XY, hätten wir ein Problem“
Fehlen wohl noch: „Dann bekommen wir automatisch Inflation.“ & „Der Staat kann nur das Geld seiner Steuerzahler/der nächsten Generation ausgeben.“

Sind leider (das stört mich eigentlich am meisten) die Argumente, die auch die öffentliche und politische Debatte beherrschen. Dabei kann man die Argumente so einfach gar nicht machen, wenn man mal über die Mechanismen nachdenkt.
Und deshalb wird selten über die wirklichen Pros & Contras geredet.

Wir leben nicht in Saus & Braus, weil der Staat eine gewisse Kreditwürdigkeit hat. Und bisher ist man damit nie leichtfertig umgegangen. (1)
Wenn wir Schulden machen muss auch irgendwo Vermögen entstehen.
Wenn der Staat sich verschuldet, entsteht eine Nachfrage und das kann Preise erhöhen. Genauso kann es eine Knappheit lösen und Preise für die Verbraucher senken. (2) Das Argument gilt auch immer. Ich kann mir auch ein Haus auf Kredit kaufen.
Der Staat gibt sein eigenes Geld aus. Dann ist das Geld aber nicht weg. Geld ist nicht begrenzt, sondern wird dauernd geschaffen und vernichtet. Vielleicht sollte man sagen, dass die Kredite durch die (zukünftige) Leistung der Wirtschaft gedeckt sind. Und die kann der Staat ja beeinflussen.


(1) Ok, nagut. Die Weltkriege. Auf Pump die ganze Welt anzugreifen war vielleicht nicht klug. Hätte man im Nachhinein wohl auch schon aus dem ersten Versuch lernen können.
(2) Der Staat sollte mit fetten Infrastrukturprojekten vorsichtig sein, während die Bauwirtschaft auf 110% läuft. Dagegen sollte er z.B. sicherstellen, dass die Kraftwerke laufen, falls Energieunternehmen aufgrund der Rohstoffpreise ins Wanken geraten.