Deutsche Politik

Kann ein Staat auch nicht. Aber der deutsche Staat derzeit schon.

Selbst bei den weltweiten Niedrigzinsen gibt es noch Zinsunterschiede zwischen den Ländern, die der Markt festlegt.
Und der Markt sagt, Deutschland gehört zu den solventesten Schuldnern der Welt.

Ist es das? Wer sagt das?

Was treibt deiner Meinung nach die derzeitigen Preissteigerungen?*1

Bin aber auch der Meinung, dass man die Leitzinsen (leicht) erhöhen sollte.*2

Hat aber mit der Aussage, dass sich die Banken das Geld im Zweifel von der Zentralbank holen, überhaupt nichts zu tun. Die Zentralbanken der Welt erschaffen und verleihen seit immer Geld an die privaten Geschäftsbanken. Das ist ja ihr Job und genau dafür ist der Leitzins ja da.
(Sonst gäbe es übrigens auch gar kein Geld, für niemanden. Das fällt ja nicht vom Himmel.)

Der deutsche Staat wäre auch bei 2% oder 4% Leitzins noch ein solventer Schuldner und sollte in z.B. Gesundheit und Bildung investieren, wenn es dort sinnvolle Dinge zu tun gibt.

So lange wir (im Sinne von Staat + Haushälte + Unternehmen) uns nicht im Ausland verschulden, was man z.B. an einer Umkehr unseres Exportüberschusses erkennen würde, ist der Weg weder dämlich noch verantwortungslos.

Das Geld ist nicht weg, sondern nur woanders. Die Ausgaben des Staates sind Einnahmen der Privatwirtschaft.*3 :man_shrugging:

edit:
Oh - und so lange es sinnvolle Dinge zu tun gibt und man mit den Mehrausgaben nicht irgendwelche Kapazitäten in der Privatwirtschaft sprengt und tatsächlich die Preise treibt, natürlich.
Aber sehe das Problem bei der Pflege nicht. Eher im Gegenteil. Wenn der Staat hier mehr Geld in die Hand nimmt und z.B. die Löhne steigen, werden die derzeitigen Kapazitätsprobleme wohl eher behoben.


*1
Ich spoiler mal:
Preistreiber sind vor allem die Energiepreise, die sich auf alles andere durchschlagen. Vor allem auch Nahrungsmittel, da Dünger zum Teil aus Erdgas hergestellt wird.

Klar kann man mit Zinserhöhungen den weltweiten Energieverbrauch senken.
Aber das hört sich teilweise an, als geschehe das irgendwie von Zauberhand und wäre ganz easy.

Der Wirkmechanismus ist aber, dass Menschen weniger auf Kredit nachfragen, Unternehmen sich mit den höheren Zinsen nicht mehr finanzieren können, genug davon pleite gehen und ausreichend Leute ihren Job verlieren, sodass der Energieverbrauch sinkt.

*2
Meiner Meinung nach ist der weltweite Niedrigzins an der Lage auf dem Energiemarkt nicht ganz unschuldig, auch wenn der Mechanismus aus meiner Sicht ein anderer ist:
Es gab einen Spekulationsboom durch Fracking und Niedrigzinsen in der Öl- & Gasindustrie - vor allem in den USA - der in den letzten 10 Jahren den weltweiten Energiemarkt ziemlich umgeworfen hat.
Das ist sicher ein Grund (neben z.B. Corona oder der Entwicklung hin zu mehr „ökologischen“ Investmentfonds), warum man dort in den letzten Jahren wenig investiert hat und es nun an Kapazitäten fehlt.

Zu niedrige Zinsen sorgen meiner Meinung nach für Fehlinvestitionen (sieht man wohl auch am Zusammenbruch vieler Startups oder Cryptowährungen derzeit).

*3
Die man bei Bedarf ja besteuern könnte, wenn man will. Oder auch nicht.

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Ich möchte nicht darüber urteilen, was der richtige Weg ist bzw sehe ich ein Aufweichen der schwarzen Null bei bestimmten Themen (Investitionen Klimaschutz, Corona- und Ukrainekriegsfolgen) als legitim und notwendig an, aber ein Teil des Geldes ist natürlich Weg. Die Zeit wo wir negative Zinsen bekommen haben ist vorbei und die Zinsbelastung wird in nächster Zeit wieder extrem ansteigen.
Gerade da Deutschland viele kurz laufende Anleihen hat, werden die Zinsbelastungen in den nächsten Jahren um viele Milliarden steigen - wenn die Zinsen wie erwartet ansteigen werden.
Die Zeit wo man das Geld nur hin und her schiebt oder an Schulden verdient, ist vorbei.

Das Paradoxe ist ja das man 100 Milliarden, gefühlt spontan und ohne wirklichen Plan, frei gibt und dann an anderer Stelle sagt, dass man mehr Geld für gewisse Dinge brauch.

@bolo

Da du auf die Pfleger und Ärzte anspielst. Inwiefern sollen dort Einsparungen getroffen werden oder warum geht es da? Geht es dort um Gehaltskürzungen? Geht es da um strukturelle Änderungen und Einsparungen die die Situation gar nicht verschlechtern?
Ich hatte da auf der Schnelle nichts zu gefunden.

Steht doch in dem Artikel, dass eine FDP-Haushaltspolitikerin gefordert hat, beim „ausufernden Sozialstaat“ den Rotstift anzusetzen, weil bei Pflege und Gesundheit „die Ausgaben enorm hoch“ seien.

Oder versteh ich deine Frage(n) falsch?

Ich hatte dir gesagt, dass wir zwei nicht mehr über Wirtschaftsthemen reden können.

Davon ab ist das Geld nie „weg“ sondern nur woanders. Auch die Zinszahlungen des Staates sind das Einkommen von jemand anderem. Z.B. die Rendite in irgendeiner Altersvorsorge.
Erst wenn der Staat die Schulden tilgt, kann es sein, dass Geld aufhört zu existieren.

Theoretisch könnte sich Deutschland als Ganzes (also Staat + Haushalte + Unternehmen) im Ausland verschulden. Das kann dann tatsächlich ein Problem sein, da man das Ausland nicht besteuern kann.
Ist bei Deutschland aber explizit nicht der Fall.

/edit:
Anstatt sich an irgendwelchen Ideologien wie der Schuldenbremse festzuklammern, sollte man sich viel mehr mit der Realität beschäftigen.
In welcher Situation sich der deutsche Staat befindet und ob Projekte Sinn machen oder nicht.

Ja, verstehst du.

@bolo
Deswegen habe ich dir auch keine Fragen zu dem Wirtschaftsbereich gestellt. Keine Ahnung warum du den Part der an dich gerichtet war ignorierst.

Nur das war an dich gerichtet:

Wenn die Frau von „ausufernden Sozialstaat“ spricht, erwarte ich da gar nichts.
Das ist doch eine komplett ideologisch aufgeladene Herangehensweise, bei der das Ergebnis von Anfang an feststeht.

Der Sozialstaat „ufert aus“, weil Deutschland älter wird.

An sich aber überhaupt kein Problem, da Deutschland in der Realität ein gesundes Wachstum und steigende Produktivität hat.

Ein Problem wird es erst, da ein immer größerer Teil des Gewinns bei den absoluten Spitzenverdienern anfällt, deren direkter Beitrag zum Sozialstaat bei der Beitragsbemessungsgrenze endet.

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Ich warne jetzt einfach mal präventiv vor. Sollte das hier wieder so eine Endlosdiskussion von euch beiden werden, wo eh niemand von seinem Standpunkt abweichen möchte, dann beendet es einfach direkt, sonst gibt es dieses Mal Auszeiten.

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Ich versteh nicht wieso das hier in eine generelle Kritik am Kapitalismus/USA/Notenbanken/Neoliberalismus/Großkonzernen ausartet, wenn wir von dem Standpunkt der FDP kommen.
Ich teile den Standpunkt der FDP nicht, wir sollten den Sozialstaat an der Stelle nicht zurückfahren.

Aber wieso sollten wir weitere Schulden aufnehmen, um laufende Kosten der Pflege zu decken, anstatt an der Ausgaben oder Einnahmen Seite zu drehen? Hier zählt ja wohl nicht das Argument „wir finanzieren Investitionen auf Kosten unserer Kinder, weil die davon mehr haben als die Schulden wert sind“

Zumal das, was die FDP fordert, doch längst schon Realität ist: nur wer Geld hat oder privat vorsorgt, hat eine optimale Versorgung im Alter.

Und eine letzte konkrete Frage an bolo oder overkill: wo lest ihr heraus, dass die FDP fordert, dass Pfleger weniger Geld oder keine Gehaltserhöhung bekommen sollen? Man könnte ja auch Geld einsparen, indem der Eigenanteil steigt. Das ist vollkommen unabhängig vom Einkommen der Pfleger

Ja, könnte man auch machen.
Dann würde das Geld eben an anderen Orten fehlen.

Warum sollten wir aus ideologischen Gründen die Optionen des Staates einschränken, falls er Projekte finanzieren und Kapazitäten ausnutzen kann, die sonst vielleicht brach liegen würden?

Zuallererst sollte man von der falschen Logik weg, dass man durch Schuldenaufnahme das Geld der zukünftigen Generationen ausgibt.

Die Schulden des Staates sind gleichzeitig auch immer die Vermögen von jemand anders.

Die politische Diskussion sollte echt von dem Gedanken weg, dass das alles eine Geldfrage ist.

Geld kann man nicht essen und Geld pflegt auch keine älteren Menschen.
Die Frage ist, ob wir in Zukunft eine arbeitende Bevölkerung haben, die genug der richtigen Produkte und Dienstleistungen herstellen kann.

Und dann sollten wir uns heute die Frage stellen, was es dazu braucht.
Und da sind meiner Meinung nach z.B. Bildungsinvestitionen und die Erhöhung der Attraktivität von Pflegeberufen sinnvolle Investitionen in die Zukunft.

Kapitalismus/USA/Großkonzerne sehe ich jetzt nicht, aber zur Zentralbank:

Ich vermute mal, weil ich sagte, dass der Staat bei der Schuldenaufnahme nicht das Geld der Steuerzahler ausgibt, sondern private Banken ihm das Geld leihen und diese sich selbst bei Bedarf das Geld von der Zentralbank leihen.
Das ist aber nur eine Beschreibung wie Geld in Wirklichkeit entsteht und warum das Framing „Wir geben das Geld der Steuerzahler/der künftigen Generationen aus“ im Kern komplett falsch ist. Und hat mit der Frage nach Zinshöhe etc. erstmal relativ wenig zutun.

Private Marktakteure entscheiden, dass der deutsche Staat ein solventer Schuldner ist und erschaffen das Geld einfach. :man_shrugging:

So wie die Bank entscheidet, dass du ein solventer Hausbauer bist und das Geld für deinen Hausbau auch einfach aus dem Nichts erschafft.

Also ich habe jetzt nicht alle Beiträge von bolo gelesen - aber meine sehr wohl: Ich habe das nie behauptet, herausgelesen zu haben. Also kann ich dir das auch nicht beantworten. Ich würde dich daher höflichst bitten, endlich damit aufzuhören, anderen Aussagen in den Mund zu legen und sie dann darauf festzunageln.

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Ich denke, die Sorge ist eher, dass man auf diese Weise neue Verpflichtungen für die kommenden Generationen schafft. Warum das in Zeiten des Fleischkonsums, der Urlaubsflüge und Benzinpauschalen hier plötzlich ein Problem soll, versteh ich aber auch nicht.

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Auf den ersten Blick ist das eine Sorge, mit der man den Leuten wohl gut Angst machen kann.

In der Realität existiert das Problem aber gar nicht. Wenn der Staat Schulden aufnimmt, gibt er eine Staatsanleihe raus, die dann das Vermögen von jemand anders ist.
Die Nettoverschuldung auf der ganzen Welt ist immer 0.

Und Deutschland als ganzes (Staat + Haushalte + Unternehmen) verschuldet sich nicht im Ausland - sondern ganz im Gegenteil. Das Geld bleibt also im Land. Solange sich das nicht ändert, ist das Vermögen zur Begleichung der Schulden per Definition immer da.

Wenn wir hier Vollbeschäftigung und eine Lohn-Preis-Spirale hätten, können wir uns die Frage stellen, ob wir mit Schulden die Inflation antreiben. Aber das haben wir nicht. Wir haben einen Energiepreisschock.

Also sollten wir uns nicht mit der Geldfrage beschäftigen, sondern damit, ob es sinnvolle Projekte und Investitionen für den Staat gibt.

Auf die Frage von woogie, ob es um Gehaltskürzungen oder strukturellen Einschnitte geht, antwortest du damit, dass im Artikel doch steht, dass die FDP Einsparungen fordert.
Dann macht deine Antwort irgendwo keinen Sinn, wenn du woogie also zustimmst, dass das in dem Artikel nicht steht?
Ok, dann geht diese Frage nur an bolo, der sie leider ignoriert hat.

Auch bei einer Nettoverschuldung von 0 haben manche Leute Verpflchtungen und andere sind Schuldner. Der Staat macht Schulden bei einer Bank. Ich als Bürger und ohne Anteile an dieser Bank werde also Steuern zahlen müssen, damit der Staat diese Schulden wieder begleichen kann. Oder die kommende Generation, soweit sie nicht Anteile an dieser Bank hat.

Ich will gar nicht unsere schwarz-gelbe Null in Schutz nehmen. Ich verstehe nur das Argument nicht, dass es hier nur um Angstmache und Framing ginge.

Auch bolo hat diesbezüglich keine Aussage getroffen - jedenfalls sehe ich keine. woogie hatte gefragt, inwiefern Einsparungen passieren sollen und als Möglichkeit das Gehalt ins Spiel gebracht.

Ich wiederhole mich nun nicht noch mal. Ich weiß schon, wohin das führen soll.

Ich „ignoriere“ die Frage auch weiterhin, da es die komplett falsche Frage ist.

Anstatt damit anzufangen, wie viel und wo man im Sozialstaat am besten noch einsparen kann, sollte die Diskussion damit starten, um wie viel man die Löhne der Pfleger und Pflegerinnen erhöht weil unsere alternde Bevölkerung davon voraussichtlich noch ein paar mehr braucht.

Isst die Bank das Geld auf oder warum musst du das begleichen?

Die Bank bezahlt davon ihre Anteilseigner und Mitarbeiter und die bezahlen damit andere Güter und Dienstleistungen und den Lebensunterhalt anderer Menschen, vielleicht auch deinen.
Wenn/Falls der Staat irgendwann tendenziell mehr Schulden zurückzahlen als aufnehmen will, muss er nur an irgendeiner Stelle steuerlich eingreifen.

Trotzdem ist es ein bewusst irreführenden Kontext, wenn du das Video, indem es um höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen in diesem Zusammenhang posten. Man kann auch am Sozialstaat sparen, ohne die Löhne zu senken. Das ist erstmal unabhängig.

Es ist aber nunmal so, dass das Sozialsystem relativ gesehen immer mehr vom Haushalt auffrisst - auch abseits von Renten/Alter. Das kann man nicht bis zur Unendlichkeit weiter spielen. Andererseits ist es richtig, dass an gewissen Stellen das Sozialsystem noch ausgebaut werden muss - erst recht in der aktuellen Zeit mit den hohen Lebensunterhaltungskosten.

Und ich behaupte mal, dass man bei der Bundeswehr mit gewissen Änderungen in Abläufen, Strukturen und Beschaffungen ganz viel Geld einsparen kann, ohne das es einen Beschäftigten dort schlechter geht.
Es kommt drauf halt an wie wo und was man anpackt.
Und da du hier suggerierst, dass es den Leuten schlechter gehen wird (siehe Video, siehe Aussage höhere Löhne), habe ich schlicht danach gefragt ob du weitere Infos hast wie diese aussehen.
Aber deine Antworten dazu waren Antwort genug.

Lass doch sowas einfach bei Diskussionen im WG weg, schieb deine persönlichen Bilder etwas zur Seite und es wird für alle angenehmer und 100 mal unkomplizierter zu diskutieren.

Edit: ganz ab davon, dass das Lohnniveau bei den Pflegern nicht das grundlegende Problem ist (und nicht die Lösung)

Ich empfinde die Löhne in der Pflege mittlerweile eigentlich als recht solide. Diese einfach stumpf noch mehr nach oben schrauben löst ja das Problem nicht bzw. wird dann irgendwann zu einer Kostenspirale.

Warum stört euch zwei das Video und die Implikation so?
Den Wert der geleisteten Arbeit haben wir ja damals alle erkannt.

Führen wir im Land in den letzten zwei Jahren eine zielführende Diskussion über die Arbeitsbedingungen in der Pflege, oder nicht?

Also ich habe nicht den Eindruck.

Definitiv nicht, wenn wir gleich schon wieder bei den Spardebatten einsteigen.

Fassen wir es einfach als Arbeitsbedingungen zusammen.

Gut. Also nehmen wir die steigenden Gesundheitskosten aufgrund einer alternden Bevölkerung raus, da wir festgestellt haben, dass das ja nur logisch ist.

Also ist die Frage, warum die Reallöhne seit Jahren nicht mit der Produktivität im Land steigen und so viele Arbeiter und spätere Rentner trotz geleisteter Arbeit auf den Sozialstaat angewiesen sind.
Gleichzeitig wirkt sich das ja auch negativ auf die Einnahmen der Sozialversicherung aus.

Sind die Arbeitnehmer im Land nicht gut genug organisiert und politisch zu schwach, ihren Anteil am Wachstum zu verteidigen?

Und warum soll die Politik gefühlt dauernd irgendwelche Kürzungsdebatten führen um eine ideologische schwarze Null zu verteidigen, anstatt sich mit diesen realen Ursachen zu beschäftigen?