Wie erfolgreich aber ist das verschärfte Grenzregime? Spiegelt sich die neue harte Linie schon in sinkenden Zahlen wider, kommen nun deutlich weniger Asylbewerber ins Land? Offenbar nicht: Die Zahl der Asylgesuche bleibt nach SPIEGEL-Informationen seit dem 7. Mai weitgehend stabil.
Diese Gesuche sind eine Art Schnellindikator für die Migrationslage, schneller als die schriftlichen Asyl-Erstanträge, die oft erst nach Wochen beim Bamf eintrudeln. Jeden Tag zählt die Bundespolizei, wie viele Ausländer, mit denen sie in Kontakt gekommen ist, mündlich um Asyl gebeten haben. Das Ergebnis meldet sie dann an die zentrale Asylbehörde weiter, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf).
[…]
Der SPIEGEL konnte die Zahlen einsehen. Sie zeigen: In den sieben Tagen vor dem Stichtag 7. Mai, dem Tag der Dobrindt-Weisung, zählte das Bamf 1414 Asylgesuche, im Schnitt 202 pro Tag. Streicht man noch den 1. Mai aus der Rechnung, weil an Feiertagen üblicherweise weniger gemeldet wird, steigt der Schnitt auf 227 Tagesmeldungen. Wie aber sah es in den sieben Tagen nach dem Stichtag aus? Da waren es insgesamt 1535 Gesuche. Macht einen Tagesschnitt von 219 – nichts, was auf eine signifikante Änderung hindeutet.
Vor allem aber: Wie Dobrindt am Donnerstag bei einem Besuch an der deutsch-österreichischen Grenze verkündete, wurden in den vergangenen sieben Tagen zwar 739 Ausländer direkt an der Grenze zurückgewiesen. Das, so Dobrindt stolz, seien 45 Prozent mehr gewesen als in der Woche zuvor, der Woche vor seiner Weisung.
Von diesen 739 Menschen hatten aber nur 51 ein Asylgesuch gestellt; davon wurden 32 zurückgewiesen. Das sind die, auf die das neue Grenzregime zielt und um die der politische Streit geht, ob die Zurückweisung von Asylbewerbern gegen europäisches Recht verstößt. Alle anderen Ausländer, die jetzt zurückgewiesen wurden, etwa Personen mit einer Wiedereinreisesperre, hätte man auch ohne Dobrindt-Weisung aufhalten können.Bei 1535 Ausländern, die vom 8. bis zum 14. Mai in Deutschland Asyl beantragt haben, machen die 32, die dank neuer Weisung draußen bleiben mussten, aber nur einen Anteil von 2,1 Prozent aus. Alle anderen schafften es offenbar trotz verschärfter Grenzkontrollen und neuer Weisungslage ins Land, baten erst dann um Asyl und sind nun in der deutschen Asylprüfung angekommen. Sie dürfen erst einmal bleiben.
Selbst ein Beamter aus dem Innenministerium, der nicht mit seinem Namen auftauchen will, spricht angesichts dieser Bilanz von »weißer Salbe«, mit der die Bundesregierung eine neue, härtere Gangart demonstrieren wolle. Der Effekt auf die Zahlen sei gering, erst recht, wenn man auf den Aufwand schaue: Tausende zusätzliche Polizisten an der Grenze.
spoiler
ich hatte ja schon vor monaten geschrieben, dass verstärkte grenzkontrollen (fast) nichts bringen werden. das ist nur teure populistische show für die masse.


