Vorweg, ich finde es gut, dass du dich darauf einlässt. Bis jetzt wurde die Diskussion immer wieder auf spezifische Protestaktionen verflacht und sich an deren möglichen Folgen abgearbeitet. Ich freue mich, wenn zumindest einige bereit sind über moralischen, philosophischen, aber auch praktischen Argumente für und gegen zivilen Ungehorsam zu diskutieren.
Wie @bolo schon angesprochen hat funktioniert deine Argumentation nur dann, wenn man glaubt dass unsere Demokratie gut darin ist den Willen der Mehrheit umzusetzen.
Ich denke wir sind uns aber einig, dass Lobby-Interessen (sprich Big Business) einen deutlich einfacheren Zugang zur Politik hat als Otto-Normalbürger. Keiner von uns kann mal eben in eine Bundestagsfraktion gehen und einen Gesetzestext vorschlagen.
Dazu kommt auch noch, dass Firmen den Willen der Mehrheit beeinflussen. Auf welcher ideologischer Seite Erzeugnisse des Alex Springer Verlags stehen ist denke ich auch offensichtlich. Es geht aber auch direkter.
Als Beispiel: Die Idee des CO2 Fußabdrucks wurde von BP verbreitet. Dafür hat der Konzern Millionen in eine weltweite Werbekampagne gesteckt um sich selbst einerseits grün zu waschen und andererseits die Schuld auf den Verbraucher als Eigenverantwortung abzuwälzen.
Nicht alle Kampagnen sind so offensichtlich und nachvollziehbar, andere sind deutlich undurchsichtiger. Wie beispielsweise Energiekonzerne die Tierschutzorganisationen unterstützen, die sich dann vorgeblich um das Wohl von Vögeln kümmern und deswegen gegen den Bau von Windkraftanlagen vorgehen.
Ich glaube wir haben ein relativ rosiges Bild unserer eigenen Gesellschaft und verklären unsere eigenen Einschränkungen. Als Außenstehende in anderen Gesellschaften sind wir deutlich eher bereit Unzulänglichkeiten zu sehen und als diese anzusprechen.
Die USA sind eine westliche Demokratie mit einem Parlament mit zwei Kammern, einem gewählten Präsidenten und einer unabhängigen Judikative. Ich weiß, ich weiß, beim lesen schreit es in unserem Hirn „Gerrymandering“, „politische Richter“, „der Senat überrepräsentiert kleine Staaten“ usw. Trotzdem würden wir den Iran und die USA nicht in einen Topf werfen oder?
Pro Kopf haben die USA die meisten inhaftierten Menschen auf der ganzen Welt. Trotz viel weniger Einwohner als China, haben sie sogar in Gänze mehr als die Volksrepublik. Überproportional sitzen Schwarze / PoC in den Gefängnissen. Nicht erst seit George Floyd sollten uns bekannt sein, dass unteranderem schwarze Viertel stärker von Polizei kontrolliert wird.
Jetzt meine Frage: Ist ziviler Ungehorsam für Schwarze in den USA moralisch gerechtfertigt?