Demografischer Wandel - Wer pflegt eure Eltern?

Moin zusammen,

da mich das Thema beruflich immer wieder beschäftigt und unsere Eltern immer älter werden, wollte ich euch fragen, wie ihr vorhabt im Alter eure Eltern zu versorgen. Mir fällt es immer wieder auf, dass viele Menschen zwar irgendwie wissen, dass der demografische Wandel ein Problem für unsere Generation ist, aber nicht in welchem Ausmaß. Hier mal ein kleiner Ausschnitt:

Zusammenfassung

Betrachtet man den Personalbedarf in der stationären Pflege, ist bis zum Jahr 2030
mit einem Anstieg von 441.000 Stellen auf 704.000 Stellen zu rechnen (Vgl. Rothgang,
Müller, Unger 2012, S. 54). Das wäre ein Anstieg von 263.000 zusätzlich benötigten
Vollzeitstellen. Dieser Anstieg ist demografischen Ursprungs und geht einher durch die
Alterung der Bevölkerung und der damit steigenden Zahl pflegebedürftiger Menschen
(ebd.). Eine weitere negative Entwicklung ist das stagnierende Angebot an
Pflegekräften. Das Erwerbspotenzial dieser Profession sinkt in der gleichen Zeit von
441.000 auf 386.000 Vollzeitäquivalente (ebd.). Dadurch ergibt sich ein Defizit von
55.000 Vollzeitäquivalenten. Verknüpft man die jeweiligen Ergebnisse, entsteht eine
Personallücke im Umfang von 318.000 unbesetzten Stellen (ebd.).
Verschärft wird diese Problematik durch die wachsende Anzahl pflegebedürftiger
Menschen. Während im Jahr 2009 noch 2,33 Millionen pflegebedürftig waren, wird
diese Zahl im Jahr 2030 auf 3,43 Millionen Pflegebedürftige anwachsen (Vgl.
Rothgang, Müller, Unger 2012, S. 34). Im Rahmen des BARMER GEK Pflegereports
wurde analysiert, in wie weit Personen im Laufe ihres Lebens Pflegeleistungen in
Anspruch nehmen. Im Jahr 2009 nahmen bereits 50 Prozent der Männer und 72% der
Frauen Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch, Tendenz steigend (Vgl.
Rothgang, Müller, Unger 2012, S. 12). Besonders verstärkt wird diese Entwicklung
durch den Anstieg von chronischen Erkrankungen. Chronische Erkrankungen führen
im höheren Alter zu steigender Pflegebedürftigkeit (Vgl. Hüther und Naegele 2013, S.
228). Das Risiko in die Pflegebedürftigkeit abzugleiten kann daher nicht als potentielles
Restrisiko gesehen werden, sondern als ein Zustand der mit hoher Wahrscheinlichkeit
eintritt. Zusätzlich stieg die Zahl der Pflegebedürftigen schneller an als erwartet. „Im
Jahr 2015 belief sich die Zahl der Pflegebedürftigen bereits auf 3,04 Millionen
Menschen“ (Rothgang, Müller, Unger 2017, S.62). Destatis rechnete bis zum Jahr
2020 lediglich mit einem Anstieg auf 2,9 Millionen Pflegebedürftige (Vgl. Destatis 2011,
S.83). Bis zum Jahr 2050 wird laut BARMER-Pflegereport mittlerweile sogar mit einer
Anzahl von 4,5 Millionen Pflegebedürftigen gerechnet (Vgl. Rothgang, Müller, Unger
2017, S. 64).

Bis 2050 also 4,5 Millionen Pflegebedürftige. Funfact: Wir haben jetzt schon 5,7-6 Millionen.

Ich gehe mal davon aus, dass die meisten hier eine relativ stabile Beziehung zu ihren Eltern haben und sie ihnen nicht scheiss egal sind. Da 81% aller Menschen in ihrem Leben zu irgendeinem Zeitpunkt in die Pflegebedürftigkeit rutschen und uns bis 2030 bereits ~600k Vollzeitstellen in der Pflege fehlen, ist das meiner Ansicht nach etwas, über das man sich wirklich Gedanken machen sollte.

Ich für meinen Teil wohne nicht heimatnah. Meine Eltern zu mir und meiner Partnerin zu holen ist nicht drin, da wir kein Haus besitzen und uns perspektivisch auch keins in dieser Größe leisten können. Zu den Eltern ziehen geht ebenfalls nicht, da beide jobtechnisch gebunden. Pflegekräfte aus Osteuropa werden in 10-20 Jahren auch keine Lösung mehr sein, da die ebenfalls mit dem demografischen Wandel zu kämpfen haben + deren Wirtschaft aufblüht + andere Kräfte exorbitant teuer werden. Pflegeheimplätze wird es nicht ausreichend geben und die ambulante Versorgung mit Pflegediensten wird auf ein absolutes Minimum, besonders im ländlichen Raum, beschränkt werden müssen. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden wir also Zeiten erleben in denen entweder die Gesellschaft einspringt (Caring-Community), oder den Armen und der niedrigen Mittelschicht nur noch die absolute Grundversorgung zu teil wird und die Leute ohne finanzstarke Kinder oder finanzielles Polster, daheim ins Nirvana vegitieren werden, bis sie letztendlich sterben.

Daher meine Frage: Wie habt ihr vor diesem Problem zu begegnen?

1 Like

Finde es verwunderlich, wie man jetzt schon präzise voraussagen will, wie es in 10, 20 oder gar über 25 Jahren aussieht.

Da gibt es einfach soviele offenen Fragen.

Deshalb mach ich mir darüber keine Gedanken, da man einfach nicht wissen kann, wie in 10, 20 oder 25 Jahren die Lage sein wird.

3 Like

Ist das nicht neben dem Lehrkräftemangel in Verbindung mit der Geburtenrate eines der wenigen Dinge, die man recht gut voraussehen kann?

Aktuell kann man jedenfalls nicht davon ausgehen, dass der Fachkräftemangel in der Pflege durch die jetzige Regierung behoben wird. Auch wenn man auf die Wahlumfragen schaut, ist es höchst unwahrscheinlich, dass das Problem in den nächsten 8 Jahren angegangen wird. Insofern kann ich die Eingangsfrage schon nachvollziehen.

3 Like

Finde ich nicht. Einerseits wird die Lage ist Osteuropa in 10-20 Jahren bewertet und andererseits kann sich auch hier etwas tun in 20 Jahren, um nicht die ambulante Versorgung mit Pflegedienstenauf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Da kommen noch viele andere Faktoren hinzu.

Dieses „mit großer Wahrscheinlichkeit“ ist mir daher zuviel Glaskugel.

Meine Eltern haben finanziell vorgesorgt, sodass sie keine Hilfe von ihren Kindern brauchen/wollen.
Meine Mutter hat meine Oma gepflegt und sie auch deshalb in ihr Haus geholt und es war eine solch prägende Zeit, dass sowohl mein Vater auch meine Mutter ein solches Schicksal ihren Kindern ersparen wollen. (hochgradige Demenz und Aggressionen)
Zudem wohne ich >100km von meinen Eltern entfernt und meine Schwester in Kanada
Sprich, meine Eltern gehen ins Pflegeheim

1 Like

Find ich ne schlechte Argumentation. Nur weil es ist nicht 1zu1 wie von crade beschrieben eintreffen muss, heißt es ja trotzdem nicht, dass es nicht ordentlich knallen wird.

Der Druck durch den Demografischen Wandel und die älterwerdende Boomer-Generation wird die Lage definitiv eklatant zuspitzen. Ich hatte mal so nen groben Überschlag gemacht vor Jahren mit Daten von Statista und hab einen um 50% erhöhten Pflegebedarf festgestellt.

Ob die Zahl jetzt stimmt oder nicht ist auch unerheblich, eher gehts um ne grobe Größe an der man sich orientieren kann.

b2t: Ich hab meinen Eltern gesagt, dass ich als Einzelkind nicht beide durchfüttern kann und gleichzeitig bei nem kaputten Rentensystem noch für mich Vorsorgen. Hab mir aber die Zahlen von denen auch nicht im Detail angeguckt, sondern vertrau da erstmal auf deren Verstand.

Das kann man gerne so sehen, will ich dir auch nicht absprechen, aber es ist eben nur eine Meinung. Die Fachwelt ist sich da sehr einig, dass es in diese Richtung gehen wird. Schaut man sich die verschiedenen Studien und Metriken an, dann ist das auch keine „ob“-Frage sondern eher eine „Wann“-Frage. Das ist ähnlich wie beim Klimawandel zu hoffen, dass es ja vielleicht doch nicht so warm wird. Kann man hoffen, 99% der seriösen Wissenschaftler werden dir dann aber sagen, dass diese Hoffnung vergebens ist. Dieses Problem wird auch, in einem realistischen politischen Rahmen, nicht mehr zu lösen sein bis die Baby-Boomer pflegebedürftig werden. Weder der Zuzug von externen qualifizierten Pflegekräften, noch die Ausbildung entsprechender Menschen ist bis dahin nicht mehr in ausreichendem Maßen zu leisten. Es ist ja nicht so, dass die besagte Generation nur pflegebedürftig wird, sondern viele der Pflegekräfte sind 50+ und werden die nächsten Jahre in Rente gehen. Pflegekräfte die heute ihre Ausbildung machen, verbleiben im Schnitt 5-6 Jahre im Beruf. Das alles kombiniert mit steigenden Spardruck bei den Sozialabgaben, steigender Altersarmut, immer mehr chronisch Kranken, einer häufig alten kinderlosen Generation, starker örtlicher Flexibilität von Kindern und steigenden Beschäftigungsquoten von Frauen (Töchtern), lässt ganz ganz dunkel in die Zukunft blicken.

Natürlich kann man sich sagen, dass man in 15 Jahren an Hand der Situation entscheidet. Aber man sollte sich eventuell schon Mal Gedanken darüber machen, welche Möglichkeiten einem bleiben. Denn Pflegeheimplätze und ambulante Versorgung wird nicht mehr in dem Ausmaß zur Verfügung stehen, wie es aktuell der Fall ist.

Momentan werden 74% der Menschen zu Hause versorgt. Meistens ausschließlich von ihren Angehörigen (66%). Hier sprechen wir aber von den älteren Generationen die tendenziell eher familiennah wohnen geblieben sind und nicht in ganz DE verstreut. Das trifft auf unsere Generation nicht mehr zu. Beachtet man jetzt auch noch, dass viele der Babyboomer überhaupt keine Kinder bekommen haben, wird die Angehörigenpflege weiter schrumpfen und es ein Run auf die jetzt schon völlig unterbesetzten Pflegeeinrichtungen geben.

Also ja, du darfst diese Meinung haben, dass man das ja alles nicht voraussehen kann, aber sie widerspricht eben jeglicher Faktenlage.

1 Like

Ich verstehe irgendwie nicht, wieso ein Zuzug von Pflegekräften nicht möglich sein soll? Genauso wie die verstärkte Ausbildung von Pflegekräften. Bis die Boomer pflegebedürftig werden, dauert es ja noch ein Stück.

Aber selbst wenn man so pessimistisch in die Zukunft schaut: Es ist ja richtig, dass hier vor allem politisch etwas getan werden muss.
Aber was sollen wir denn da ändern oder vorbereiten?
In erster Linie ist es meiner Meinung nach die Aufgabe unserer Eltern, sich rechtzeitig um eine Pflege zu kümmern und sich vorzubereiten. Wenn das versäumt wurde, was sollte man denn tun können? Wie schon geschrieben, zu den Eltern ziehen oder die zu einem holen, wie es vielleicht vor 50 oder 70 Jagren nich üblich war, ist heute nicht mehr so einfach möglich.

Klar schließe ich für mich nicht aus, dass ich am Ende doch (vorübergehend) zu meinen Eltern ziehe um sie zu pflegen und ggf ein Sabatical nehme, Stunden reduzieren oder ähnliches. Aber das kann man doch nicht planen, das muss man entscheiden, wenn es so weit ist.

Da meine ma am betreuungsgericht arbeitet, verlasse ich mich einfach darauf, dass sie das schon alles für sich regeln wird. :kappa:

Ich verstehe irgendwie nicht, wieso ein Zuzug von Pflegekräften nicht möglich sein soll? Genauso wie die verstärkte Ausbildung von Pflegekräften. Bis die Boomer pflegebedürftig werden, dauert es ja noch ein Stück.

Weil wir zu unattraktiv für die Leute sind, die wir brauchen. Die Pflegeausbildung wurde vor einigen Jahren refformiert, zur sogenannten „generalistischen“ Pflegeausbildung. Es gibt also keine Unterteilung mehr zwischen Alten-, Kranken-, und Kinderkrankenpflege mehr. Das Anforderungsniveau ist durch sogenannte „Vorbehaltstätigkeiten“ (Tätigkeiten, die nur Pflegekräfte durchführen dürfen), gestiegen. Um die 3 jährige Pflegeausbildung abzuschließen, benötigt man mittlerweile sehr gute Deutschkenntnisse. Diese haben die meisten aber nicht. Wenn du im ersten Lehrjahr mit 25 Schülern startest, machen aktuell 8-10 davon effektiv einen Abschluss. Davon prügelst du im Schnitt nochmal 2 durch, obwohl sie im Normalfall eigentlich durchfallen würden.

Selbst wenn du die Anzahl an Schülern hättest, die du benötigen würdest, hättest du das Bottleneck bei den Lehrkräften. Es gibt einfach nicht genügend qualifiziertes Personal in dem Bereich, um die benötigten Pflegekräfte auszubilden. Selbst wenn du die Lehrkräfte hättest, würde es dir an den Praxisanleitern fehlen (Pflegekräfte) in den Betrieben. Du kannst die Pflege finanziell auch nicht wirklich attraktiver machen (die verdienen btw nicht so schlecht), da sich das wiederum auf die Sozialabgaben des Normalos auswirken würde. Bei diesen ganzen Überlegungen lassen wir aber völlig außen vor, dass wir diese immense Anzahl an Pflegekräften nie im Leben bekommen werden. Das versucht man ja schon seit zig Jahren. Der Ausländeranteil in den Ausbildungsklassen liegt an staatlichen Schulen meist bei 80%. Jetzt schon!

Was wir ändern sollen ist eine gute Frage. Daher habe ich ja auch euch gefragt, wie ihr denn vorsorgt.

Ich verDraue auf meine Geschwister.

1 Like

Aber genau das sind doch Dinge, die ich jetzt nicht bewerten kann? Das muss ich dann bewerten, wenn es soweit ist. Wenn es soweit ist, muss man halt schauen, ob es Plätze gibt. Oder ob es andere Möglichkeiten gibt.

Das kann ich aber nicht jetzt entscheiden. Genau deswegen macht es in meinen Augen wenig Sinn, jetzt zu überlegen wo und wer in 15 Jahren meine Eltern pflegen wird. Weil ich nicht annähernd die Optionen dann kenne.

1 Like

Sehe es wie killa. Ist halt völlig sinnlos jetzt darüber zu diskutieren was evtl in 15 Jahren ist.
Ja gibt verschiedene Möglichkeiten und ist sicher gut diese zu kennen aber bringt dir jetzt auch nicht viel.

was mir dazu noch einfällt:

könnte ich mir vorstellen aktuell mit meinen eltern in einem haus zu wohnen? (platz wäre da)
Antwort Nein.

Könnte ich mir es in 15-20 Jahren vorstellen?
Antwort: :question:

Am Ende des Tages könnte es einfach nur eine Frage des Geldes werden. Dann kostet ein Pflegeplatz +XX% mehr. Größere Nachfrage, kleineres Angebot.

Die Frage ist dann nicht WO bring ich meine Eltern unter, sondern KANN ich meine Eltern unterbringen.

Aber wenn hier alle 1M€+ Erbmasse haben, die nicht zur Eigennutzung gedacht ist, ist das natürlich kein Problem :wink:

Die Lage mit Pflegeplätzen ist jetzt schon äußerst kritisch, weil die tatsächlich belegbaren Pflegeplätze weitaus geringer sind, als die potenziell vorhandenen Plätze in Einrichtungen. Wenn eine Einrichtung zu wenig Fachkräfte hat, dürfen auch nur entsprechend weniger Plätze mit Bewohnern „gefüllt“ werden. Ich kenne Pflegeheime, in denen ganze Etagen nicht belegt werden können, während die Warteliste an Interessenten immer länger und länger wird.

Also besser darauf hoffen lange fit zu bleiben und dann direkt ins Grab zu fallen…

Bringt also nichts lieber für den worst case als den best case zu planen?

Meine Eltern haben private Pflegeversicherungen die den Großteil auffangen sollten, den Rest übernehmen mein Bruder und ich dann.

Am Ende gibt’s noch Sozialamt die Geld geben.

Verstehe den Take, aber ich denke, dass man hier anders denken sollte. Man kann jetzt schon präventiv einige Dinge machen, damit die Eltern länger unabhängig bleiben können. Ob das nun Umbaumaßnahmen am eigenen Haus sind, das frühzeitige suchen einer altersgerechten Wohnung, das Abgewöhnen bestimmter Angewohnheiten (eher unrealistisch) die einen in die Pflegebedürftigkeit katapultieren, oder die Inanspruchnahme eines KFW-Kredits für altersgerechte Umbaumaßnahmen, solange es diesen noch gibt, die Nutzung von Präventivmaßnahmen zur Erhaltung von körperlicher Gesundheit, Ansparen einer „Altersreserve“ bei den Kindern oder den Eltern etc…

Am Ende gibt’s noch Sozialamt die Geld geben.

Das Sozialamt schaut erstmal wie viel du als Sohn verdienst. Wenn du über 100k/Jahr verdienst, darfst im Moment schon blechen. Kann mir sehr gut vorstellen, dass diese Grenze nach unten korrigiert werden wird, wenn die Kassen klammer werden.

Aber das sind doch alles Dinge, die die Eltern machen müssen/sollen?