Nahostkonflikt - Krieg in Israel

Wo war deine Empörung am 7. Oktober respektive die Tage danach? Wenn man den Thread mal von oben liest kam da so ziemlich gar nichts. Überraschend finde ich es aber nicht. Dass Link(sradikal)e sich per se gerne einseitig auf die Seite der Palästinenser stellen, ist halt nichts Neues und war auch schon vor Oktober 2023 so. Im Ukraine-Thread hält sich die Empörung der üblichen Linken hier im Übrigen auch sehr in Grenzen, obgleich in der Ukraine täglich Menschen getötet werden. Oder geht es in diesem Thread wirklich nur noch darum, dass man mit der (deutschen) Berichterstattung nicht einverstanden ist?

Auch wenn du es nicht verstehen kannst, fällt es mir persönlich nach wie vor schwer einseitig Israel zu verurteilen. Ich kann den Hintergrund nicht loslassen, dass sie geografisch umgeben von Ländern und/oder terroristischen Organisationen sind, die sie einfach nur auslöschen wollen + dass keine Ahnung wie viel tausende Raketen Richtung Israel geflogen sind (oder es immer noch tun?).

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Timestamp 1h0min6sec

Interview mit einem US-Amerikanischen Arzt, der zweimal zeitweise in Gaza war, zuletzt bis April.

Neben zahlreichen, obv heftigen Anekdoten spricht er u. a. darüber, wie man die Opferzahlen zu verstehen hat (tl;dw: under counted) und wer dort erfasst und behandelt wird (tl;dr: nur Zivilisten).

Hängen geblieben ist mir die Story gegen Ende des Gesprächs. Er ist auf dem Weg zu einem 16-Jährigen – von dem er sagt, er würde im Gegensatz zu den meisten Teenagern keinen Hass wegen seinen schweren Verletzungen schieben --, um ihn aus dem KKH zu entlassen, als er aufgehalten wird, um jemanden vor dem Verbluten zu bewahren. Wenig später schlägt im Zimmer des 16-Jährigen eine israelische Rakete ein und tötet ihn.

wie viele posts muss ich im ukraine-krieg-thread machen, bevor ich dann hier wieder schreiben darf, dass dieser „krieg“ enden muss?

als angebot:
wenn die deutsche bundesregierung im deutschen fernsehen oder in pressekonferenzen steht und putins angriffskrieg oder die raketenangriffe der hamas verteidigt oder relativiert und du keinen post von mir dazu siehst, kannst du mich gern markieren.

„wir“, im sinne von deutschland, sind einer der wichtigsten ausländischen unterstützer von dem was in gaza passiert. das ist der unterschied.

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„Was wir in Gaza führen, ist ein Vernichtungskrieg: wahlloses, uneingeschränktes, grausames und verbrecherisches Töten von Zivilisten. Wir tun dies nicht, weil wir die Kontrolle über ein bestimmtes Gebiet verloren haben, nicht aufgrund eines unverhältnismäßigen Ausbruchs einer Militäreinheit – sondern als direkte Folge einer vorsätzlichen, böswilligen, rücksichtslosen und absichtlichen Regierungspolitik. Ja, wir begehen Kriegsverbrechen.“

Ehud Olmert, Israelischer Ministerpräsident 2006-2009, einer der direkten Vorgänger von Benjamin Netanjahu

hier zusammen mit der Kanzlerin 2008, einen Tag bevor diese vor dem Israelischen Parlament den Begriff der Staatsräson einführt.

hebräisches original bei haaretz, eine komplette englische übersetzung des ganzen meinungsbeitrags gibt es auf dem X-Account von DropSiteNews, @DropSiteNews, englisch → deutsch mit google

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Begeht Israel Völkermord in Gaza? - SZ.de

Bei Christoph Flügge, 77 Jahre alt, wecken diese Bilder Assoziationen und Erinnerungen an die 1990er-Jahre, an Bosnien. Er kennt diese Zeit sehr genau, er war Richter in den Kriegsverbrecher-Prozessen der UN.

Und wie ist es mit dem Vorwurf des Genozids? Ist das, was in Gaza geschieht, unterstützt durch Waffen aus Deutschland, auch ein Völkermord? Der Jurist Flügge bewegt den Kopf langsam hin und her. „Sarajevo wurde auch nicht als Genozid gewertet“, antwortet er.

Die juristischen Hürden seien hoch, sagt der Ex-Richter Flügge: Im Falle Sarajevos diskutierten die Richterinnen und Richter in Den Haag lange, ob man beweisen könne, dass die Täter die Absicht verfolgten, die Bevölkerung „ganz oder teilweise zu vernichten“, wie es in der Definition von Genozid heißt. Auch bei den Massakern und Vertreibungsaktionen der 1990er-Jahre, die vom serbischen Militär beschönigend „ethnische Säuberungen“ genannt wurden, war das so.

Um heute mit Blick auf Gaza von Genozid zu sprechen, bräuchte man deshalb schon sehr klare Beweise, folgert der Ex-Richter. So, wie es in den 1990er-Jahren die berüchtigte serbische Direktive Nummer sieben war. Das war das Beweisstück, das am Jugoslawien-Tribunal der UN doch noch zu einer Verurteilung wegen Genozids führte. In dieser Direktive stand schwarz auf weiß das Ziel der Armee, das Leben für Muslime „unerträglich“ zu machen. Allerdings galt diese Direktive nur für einen einzigen Ort, nämlich die bosnische Stadt Srebrenica. Nur dort hat es dann juristisch für eine Verurteilung wegen Genozids gereicht.

So führt der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) zwar Ermittlungen gegen Israels Premier Benjamin Netanjahu wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit – aber ausdrücklich nicht wegen Genozids. Und auch der Internationale Gerichtshof (IGH) prüft zwar, ob Israel gegen die Völkermordkonvention von 1948 verstoße – allerdings nach 19 Monaten Krieg noch immer, ohne sich festzulegen.

Und auch noch gut: youtube.com/watch?v=iTtWMqnXKT8&themeRefresh=1

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den text habe ich gestern auch gelesen. ich fand ihn aber komisch, weil der befragte richter zur zentralen frage des artikel nur eine ziemlich schwammige meinung abgibt:

eine kopfbewegung und den verweis auf sarajevo soll man als leser wohl als nein interpretieren. aber ein konkretes, zitierbares, nein ist es scheinbar nicht.

Was man hier schon wieder einfach so reinposten kann - Mini offense , sorry

Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Da wird ein ehemaliger Richter am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien – also jemand, der über die juristischen Konsequenzen für verurteilte Kriegsverbrecher entschieden hat – in der Süddeutschen Zeitung als besonnener Experte präsentiert. Mit menschlich-heimeligen Details („bestellt Fisch und Wasser, blinzelt in die Sonne“) garniert, wird er als kluger Kopf zum Thema Völkermord eingeführt. Und kein Wort darüber, dass genau dieser Mann für genau dieses Thema von Überlebenden des Genozids von Srebrenica aufs Schärfste kritisiert wurde.

warum? Weil Flügge in Interviews öffentlich infrage stellte, ob man für Verbrechen wie das Massaker von Srebrenica überhaupt den Begriff „Völkermord“ brauche.

Ernsthaft. Während internationale Gerichte und Historiker den Tatbestand längst juristisch und moralisch eingeordnet haben, stellt Flügge sich hin und philosophiert darüber, ob solche Unterscheidungen zwischen Genozid, Massenmord oder „Soziozid“ (sein Wort!) überhaupt nötig seien. Der Congress of North American Bosniaks sprach von „Schock“ und „Verwirrung“ angesichts seiner Äußerungen. Mehrere Opferverbände forderten seinen Rücktritt. Kein Randthema, sondern ein massiver Protest…

In deutschen medien wird Flügge gern eingeladen, wenn es um Fragen der internationalen Strafgerichtsbarkeit geht. Kritische Hinweise gibt es selten.
Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier mit voller Absicht eine Perspektive als „neutral“ verkauft wird, die längst politisch aufgeladen ist … Gaza lässt grüßen– und zwar nicht im Sinne der Opfer. Diese mediale Dynamik sorgt dafür, dass der gesellschaftliche Konsens über begangenes Unrecht plötzlich wieder zur „einen Meinung unter vielen“ relativiert wird.

Wer die Anerkennung eines Genozids zur Debatte stellt, entzieht den Opfern ihre Geschichte, Bilder, ihr Leben und öffnet revisionistischen Tendenzen Tür und Tor

Sorry für den Flip, habe da heute viel drüber gelesen

würde das irgendwie auch nicht überinterpretieren, auch wenn mir die beschreibung des restaurantambientes angesichts des themas auch unangenehm vorkam. :sweat_smile:

am ende beschreibt er ja nur, was die rechtliche definition ist. seine position zur frage aus dem titel wird meiner meinung nach halt nicht beantwortet.

ich dachte gestern bei der überschrift halt wirklich, ich lese jetzt eine rechtliche einschätzung aus deutschland, die ansonsten mangelware ist. am ende sagt man mir, was die definition ist, dass man klare beweise brauche und wie das damals in jugoslawien war.

aber kein wort dazu, ob es aus seiner sicht klare beweise gibt oder nicht.

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hier wird genau dsa gemacht, was der istgh den angehörigen dann auch vorgeworfen hat:

Das UN-Tribunal, welches das Massaker von Srebrenica offiziell als Völkermord einstuft, wies die Anschuldigung der Opferorganisationen zurück. Der Inhalt des Interviews sei auf eklatante Weise „verdreht“ worden, sagte eine Sprecherin des Gerichts.

flügge argumentiert in dem interview 2009 doch, dass ein genozid so unheimlich schwer nachzuweisen ist. man muss dafür quasi einen masterplan belegen können. wie es damals die wannsee konferenz gewesen ist. und deshalb halten sich aktuell auch igh und istgh zurück. entscheidend ist der dolus specialis. hier ist das interview aus 2009:

SPIEGEL: The Karadzic case deals with the issue of responsibility for mass killings, which are being referred to as genocide. However, international law experts are divided over whether the Srebrenica massacre can be defined as genocide.

Flügge: I don’t want to discuss this specific case. More generally, however, I do ask myself whether we even need the term genocide to characterize such crimes. Why do we have to draw this distinction in the first place? Does it make it more or less unjust when a group of people is killed, not for national, ethnic, racist or religious reasons, as regulated in our statute, but merely because these people all happened to be in a certain location? This was often the case during Stalin’s battle against the so-called Kulaks in Ukraine.

SPIEGEL: That wouldn’t have fallen under the elements of the offense of genocide.

Flügge: Which is why I believe that we should consider devising a new definition of the crime. Perhaps the term mass murder would eliminate some of the difficulties we face in arriving at legal definitions. It would also work in Cambodia, where Cambodians killed large numbers of Cambodians. What do you call that? Suicidal genocide? Sociocide? Strictly speaking, the term genocide only fits to the Holocaust.

ähnlich sieht es beim 7.10 aus. viele völkerrechtler sagen, dass es womöglich ein genozid war, weil die hamas in ihrer gründungscharta die auslöschung der juden festgeschrieben hat. was gerichte dazu dann entscheiden würden, ist wieder etwas anderes. hierzu empfehle ich den geposteten link von mit tilo jung und kai ambos, der selber richter am tribunal war. hier auch die einschätzung von ambos und hunderter weiterer völkerrechtler:

Die Taten der Hamas sind in einer ausführlichen Erklärung israelischer Völkerrechtler/-innen, die auch der Verfasser unterschrieben hat, als das benannt worden, was sie sind: völkerrechtliche Kernverbrechen, möglicherweise sogar ein gegen die jüdische Bevölkerung Israels gerichteter Genozid. Unter Völker(straf)rechtlern dürfte das weitgehend konsentiert sein, vor allem hierzulande müssen wir uns allerdings selbstkritisch die Folgefrage stellen, wie weit unsere Unterstützung für den militärischen Gegenschlag Israels gehen kann. Einige politische Stellungnahmen – Zusicherungen unverbrüchlicher Unterstützung und „grenzenloser Solidarität“1) – scheinen dabei, beim Wort genommen, den völkerrechtlichen Grenzen der israelischen Reaktion keine oder doch nur eine geringe Bedeutung beizumessen – wohltuend insoweit, dass Außenministerin Baerbock in einer Talkshow immerhin an den „Rahmen des internationalen Rechts“ erinnert.

Solidarität mit Israel, aber kein Blankoscheck

wer ruanda verfolgt hat, weiß wie lange so ein prozess auch dauert. die haftbefehle waren auch ausdrücklich nicht wegen völkermord ausgestellt, weil die hürden hier so hoch sind. man muss leider abwarten.

So führt der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) zwar Ermittlungen gegen Israels Premier Benjamin Netanjahu wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit – aber ausdrücklich nicht wegen Genozids. Und auch der Internationale Gerichtshof (IGH) prüft zwar, ob Israel gegen die Völkermordkonvention von 1948 verstoße – allerdings nach 19 Monaten Krieg noch immer, ohne sich festzulegen.

geht da um srebrenica. dessen einschätzung hat flügge in dem spiegelinterview in dem post über dir hinterfragt.

mundharmonika kritisiert, dass die SZ an keiner stelle darauf hinweist, dass flügge sich für eine neue definition und alternative straftatbestände einsetzt.

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zum thema hamas und krankenhäuser gab es vor einiger zeit einen angriff von israel, der für aufregung sorgte.
Israel greift Krankenhaus in Gaza an und spricht von »Angriff auf Hamas-Terroristen« - DER SPIEGEL
laut wall street journal und arabischen medien hat man da aber anscheinend echt die fühungsriege getroffen. sogar den bruder von sinwar der die hamas militärisch geführt hat.

Sources: Mohammad al-Sinwar Killed in Gaza, Temporarily Buried in Tunnel

wsj.com

Wie kann man einen Punkt nur so missverstehen? Hier geht es nicht darum Moralpunkte gegeneinander aufzuwiegen oder Leid gegenzurechnen. Es geht nur um die Frage wie kann man auf der einen Seite glauben ein Staat begeht gerade (möglicherweise) einen Genozid und auf der anderen Seite möchte man eine ausgeglichenere Diskussion?

Und was ist das bitte für eine Logik? Okay, sagen wir Israel wäre umzingelt von Feinden, was einfach nicht wahr ist und dazu noch komplett Ursache und Wirkung ausblendet, aber selbst wenn es so wäre würde das keine Vertreibung oder gar einen Völkermord rechtfertigen.
Auch die Ermordung von 700 815 Zivilisten und Verschleppung weiterer am 7. Oktober erlaubt keinem Staat Menschen einen Genozid zu begehen.

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wurden nicht 1200 Menschen getötet? Das schon nen unterschied

  1. Auch wenn 10000 Menschen umgebracht worden wären, würde es keine Vertreibung oder Völkermord rechtfertigen.
  2. Das Wort hinter der Zahl in meinem Satz könnte die Diskrepanz erklären.

/E: Ich habe gerade selbst kurz gegoogled und festgestellt es waren wohl eher 800 Zivilisten, da hatte ich scheinbar eine alte Zahl im Kopf.

trennst du bei den toten in gaza auch zwischen hamas-kombattanten und zivilisten?

muss ich das jetzt so verstehen, dass die grenze für eine erlaubte vertreibung zwischen 700 und 1200 liegt?

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Was spielt das bei meinem Post für eine Rolle?

na weil du da ja penibel zwischen zivilisten und kombattanten trennst. was ja impliziert, dass die soldaten dort gemäß deiner haltung nicht zu unrecht getötet wurden. denke darauf wollte bulgari auch hinaus. und deshalb wollte ich wissen, ob man denn auf beiden seiten penibel differenziert. die hamas gibt ja bspw. keine angaben über tote kämpfer an. da heisst es immer märtyrer.