hier ein paar ausführungen (stand: nach dem 6. bl spieltag):
Die Statistik, die dem hohen Anspruch einer möglichst objektiven Bewertung, ob ein Torwart für die Qualität der Chancen, die er abwehren muss, überdurchschnittlich viele oder überdurchschnittlich wenige Tore kassiert, noch am ehesten gerecht wird, ist die der Differenz von erwarteten (PSxG) und tatsächlich hingenommenen (aG) Toren.
Für seine bisherigen sechs Bundesligaspiele liegt Manuel Neuer hier bei einem Wert von -0,46 Toren pro Spiel bzw. -2,8 Toren insgesamt. Er hat also in dieser Saison bisher knapp drei Tore mehr kassiert, als andere Torwarte in der Vergangenheit im Mittel kassiert haben, die sich qualitativ vergleichbaren Schüssen gegenübersahen.
Hier ist eine Übersicht, die Neuers Leistung bis dato mit denen der Torwarte mit den schlechtesten PSxG-aG-Differenzen pro 90 Minuten der letzten sieben Bundesligasaisons vergleicht:
Torwart |
Verein |
Saison |
(PSxG-aG)/90 |
Manuel Neuer |
FC Bayern |
2024/25 |
-0,46 |
Manuel Riemann |
VfL Bochum |
2023/24 |
-0,22 (Neuer: -0,17) |
Alexander Schwolow |
FC Schalke 04 |
2022/23 |
-0,54 (Neuer: +0,31) |
Alexander Schwolow |
Hertha BSC |
2021/22 |
-0,36 (Neuer: -0,07) |
Yann Sommer |
Borussia M’Gladbach |
2020/21 |
-0,33 (Neuer: +0,07) |
Jiří Pavlenka |
Werder Bremen |
2019/20 |
-0,44 (Neuer: +0,14) |
Fabian Bredlow |
FC Nürnberg |
2018/19 |
-0,48 (Neuer: -0,08) |
Robin Zentner |
FSV Mainz 05 |
2017/18 |
-0,31 (Neuer: +0,21) |
Differenzen PSxG und tatsächliche Tore Saisons 2017/18 bis heute. Quelle: fbref.com
Wie man sieht, liegt Manuel Neuers aktueller Wert ungefähr auf dem Niveau der drei schlechtesten aller schlechtesten Torwartleistungen aller Torwarte in der Bundesliga, die in den letzten sieben Saisons (seit Beginn der Datenaufzeichnung) jeweils mehr als 900 Minuten Spielzeit vorzuweisen hatten.
aber auch wichtig:
Aus zwei Gründen, einem statistischen und einem konzeptionellen, sind diese Werte aber kein großes Problem. Statistisch ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich Manuel Neuers Differenz von PSxG und aG für den Rest der Saison auf dem Niveau seiner ersten sechs Spiele weiterentwickelt, selbst wenn sich seine Torwartleistung nicht mehr um einen Hauch verbessern sollte.
[…]
Zudem liegt Neuers schwächste Saisondifferenz der letzten sieben Jahre bei durchschnittlich 0,17 Gegentoren pro Spiel mehr als erwartet, und das war in der vergangenen Saison. -0,17, das ist gut ein Drittel seines aktuellen Wertes von -0,46.
Wenn man nicht glaubt, dass Manuel Neuer im Übergang von der vergangenen zu dieser Saison im Parieren von Schüssen nahezu um den Faktor drei schlechter geworden ist und sein aktueller PSxG-Wert tatsächlich seine wahre Torwartqualität abbildet, ist es damit statistisch und leistungsmäßig sehr unwahrscheinlich, dass sich Neuers Differenz aus erwarteten und tatsächlichen Gegentoren pro Spiel nicht noch deutlich nach oben in Richtung Null verschieben wird.
trotzdem kann man nicht abstreiten, dass neuer sich eher dem durchschnitt angenähert hat.
viel wichtiger aber:
Mit insgesamt 30 Ballkontakten im mittleren Drittel hat er zudem bereits heute fast genauso viele, wie in jeder Saison seit 2017 über eine gesamte Saison. Nur die Flick-Saison liegt mit 36 noch einen Hauch vorne – wohlgemerkt 30 vs. 36 nicht pro Spiel, sondern für die gesamte Saison. Kurzum: Neuer wird gegenwärtig so stark ins laufende Spiel seiner Mannschaft eingebunden wie noch nie.
Das Spiel vor seiner Linie gilt seit jeher als Neuers große Stärke, die ihn von anderen Keepern abhebt. Seine Ruhe gepaart mit seiner Ballkontrolle galten immer als außergewöhnlich. Neuer ist immer anspielbar, ohne dass man sich Sorgen machen müsste, dass er den Ball wegen technischer Schwächen oder aus Nervosität vertändeln könnte, selbst wenn er unter Druck gesetzt wird.
Neuer kann 60-Meter-Bälle mit links und mit rechts zielgenau an den Mann bringen, er beherrscht den präzisen Kurzpass. Er bleibt in jeder Lage ruhig und behält die Kontrolle, er weiß, wen er wann und wie anzuspielen hat, er kann das Spiel beruhigen oder schnell machen, er strahlt Sicherheit und Souveränität aus.
Aber dieses Bild von Neuer gerät allmählich ins Wanken. Es war nicht erst das Spiel gegen Barcelona, in dem er mit dem Ball am Fuß oder wenn er angespielt wurde keine gute Figur machte. Dieses Spiel ließ nur noch deutlicher zu Tage treten, was bereits in den Spielen zuvor zunehmend sichtbar geworden war: Neuer wird im Spiel der Bayern allmählich von einer Stärke zu einem Schwachpunkt. Wenn er angespielt wird, darf man inzwischen anfangen zu zittern. Wo wird der Ball wohl als nächstes landen?
Paradoxerweise ist damit auch das System von Vincent Kompany, das für Manuel Neuer eigentlich wie gemacht sein sollte, ein System, welches ihn zunehmend in Bedrängnis bringt. Natürlich wird Manuel Neuer unter Kompany oft angespielt, hat oft den Ball am Fuß, und je häufiger ein Spieler den Ball bekommt, desto häufiger kann er auch einen Fehler machen.
[…]
Auf der Linie durften an Neuer schon länger Zweifel angemeldet werden, aber gerade ist er dabei, seinen verbleibenden unique selling point, dem Spiel vor der Linie, das ihn selbst bei abnehmender Leistung auf der Linie in einem System wie dem von Kompany, in dem er vor allem als Feldspieler gefordert ist, immer noch konkurrenzfähig gehalten hat, auch noch zu verlieren.
Wenn Neuer in keiner der beiden Kategorien mehr den Unterschied ausmacht, besteht für die Bayern kein Grund mehr, ihn nicht so früh wie möglich zu ersetzen.
quelle.
das spricht übrigens für nübel, denn der dürfte aktuell der beste tw in der buli sein, was das spiel vor der linie betrifft.