Alsooo, das Interview hat gestern stattgefunden. Leider war es auf Grund begrenzter Deutschkenntnisse (er macht gerade einen B2-Deutschkurs) an vielen Stellen recht schwer ihm zu Folgen. Ich habe das Interview aufgenommen und muss mir das auf jeden Fall noch mal anhören, um so manches zu entschlüsseln.
Der Grund seiner Erblindung ist, dass er sich gegen das Regime in Syrien gestellt hat und wohl von Soldaten angeschossen wurde. Die genaue Situation konnte ich zum einen auf Grund der Sprachbarriere, zum anderen wegen seiner offensichtlichen Schwierigkeiten darüber zu sprechen, nicht ganz nachvollziehen. Ich habe die Situation und die Flucht dann auch bewusst außen vorgelassen, da ihm das Thema nicht leicht viel und ich überhaupt keine Erfahrung habe dort mit einer gewissen Sensibilität vorzugehen. Für ein paar wenige Leistungspunkte erschien mir das Ganze dann auch nicht nötig.
Daher habe ich mich doch, wie ursprünglich geplant, auf das Leben als blinde Person in Marburg konzentriert, was für euch natürlich nicht ganz so interessant ist.
Was ich aber noch zum Ablauf der Flucht verstanden habe, ist, dass er keine ausreichende medizinische Versorgung in Syrien erhalten hat und dann mit gefälschten Papieren in den Libanon gegangen ist, um sich dort behandeln zu lassen. Er ist dort aber mit dem gefälschten Pass aufgeflogen und ging für zehn Tage in Gefängnis, bis er wieder nach Syrien gelassen wurde. Von dort ging es dann erstmal in die Türkei, bis das Deutsche Konsulat entschieden hat, ihn nach Deutschland zu lassen.
Soweit ich das richtig verstanden habe, hätte er bei einer früheren medizinischen Versorgung nicht das Augenlicht verloren und wenn er nicht in den Libanon geflohen wäre, wäre er sogar ums Leben gekommen.
Auf Grund der Sprachbarriere war es auch kaum möglich tiefergehend über Diskriminierung in Behörden oder Gesellschaft zu reden. Er hat zumindest in Marburg bisher keine Erfahrungen damit gemacht, ihm war aber wohl bewusst, dass das hier auch eine sehr linke Bubble ist. Es gab allerdings einen Überfall auf dem Weg zu einer Schule für Sehbehinderte, bei dem sein Portemonnaie gestohlen wurde. Die Polizei konnte den Täter aber in der folgenden Woche durch einen Polizisten als getarnten Blinden ertappen.
Ansonsten hat die Person bis zu der Erblindung Jura studiert und schien trotz begrenztem Wortschatz sehr gebildet.