Hannover 96
Ausgangslage: Hannover und Trainer Leitl befinden sich im gemeinsamen dritten und dementsprechend entscheidenden Jahr des Dreijahres-Aufstiegsplans. Schon letzte Saison war man mehrmals oben dran, hat es dann aber nicht geschafft, den letzten Schritt zu gehen. Es gab zwei Saisonphasen, wo man aus 10 Spielen je nur 2 gewonnen und dadurch in der Tabelle nach unten gepurzelt ist. So wirklich sauer scheint ob dieser fahrlässig verpassten Chance aber niemand zu sein. Es wird mit einer bemerkenswerten Belanglosigkeit zur Kenntnis genommen. Stattdessen dominieren nicht-sportliche Themen rund die Vereinspolitik.
Stärken: Aufgrund des ganzen Theaters im Vereinsumfeld und dem sowieso geringeren Fokus auf Hannover gegenüber Schalke/HSV/Köln/Hertha, läuft gerade etwas unter dem Radar, was für einen überragenden Job Sportdirektor Marcus Mann in der Kaderzusammenstellung gerade macht. Er hat mit Arrey-Mbi und Schaub verzichtbare Spieler für viel Geld verkauft, teure Verträge von Mitläufern wie Teuchert auslaufen lassen und ausnahmslos alle wichtigen Spieler gehalten. Diesem eh schon guten Kader hat er mit Rochelt und Lee ein kreatives Element hinzugefügt und mit Ngankam einen weiteren hoch veranlagten Stürmer geliehen.
Baustellen: Hannover hat eigentlich keinen Fünferkettenkader. Man hat mit Halstenberg, Neumann und Knight zwar drei gute, aber eben nur drei IVs im Kader. Dazu sind die Außenverteidiger Muroya und Dehm mehr Viererkettten-AVs als Fünferketten-Wingbacks. Durch den Abgang von Köhn im Winter fehlt der absolute Unterschiedsspieler auf dieser Position. Natürlich könnte auch Rochelt das Spielen, wäre dann aber gegen den Ball tiefer positioniert und seine Stärke im Umschaltspiel einbüßen. Im der Vorbereitung hat Leitl nach zwei Jahren ausschließlich Fünferkette teilweise Viererkette spielen lassen. Ob er den Mut hat, das auch in der Liga zu testen, wird sich zeigen. Eine weitere Baustelle könnte ironischerweise die Torwartposition werden. Nachdem Weltmeister(!) Ron-Robert Zieler Hannover in mehreren Saisons den Allerwertesten gerettet hat, war er in der abgelaufenen Saison erstmals mitschuldig an einigen Punktverlusten und ist genau jetzt, wo Hannover so gut aufgestellt ist wie lange nicht mehr, zum absolut falschen Zeitpunkt im Leistungstief.
Star der Mannschaft: Marcel Halstenberg
Player to watch: Nicolo Tresoldi, ein Stürmer vom Typ Maxi Beier mit nochmal mehr Talent. Zum Glück guckt Spalletti genau wie Walter keine zweite Liga, so dass Italien ihn uns nicht wegschnappen kann
Auftakt: (H), (A), Arminia Bielefeld (Pokal, A)
Prognose: 5. (Ø5,6) – 2. @Kaer – 9. @dotic
Meine Prognose: Hannover wird mit einem sehr starken und eingespielten Kader im medialen Windschatten der Big Four fahren und direkt aufsteigen. Platz 2.
Karlsruher SC
Ausgangslage: Nach einem großen Umbruch und einer enttäuschenden Hinrunde hat der KSC das Feld von hinten aufgeräumt und am Ende einen respektablen fünften Platz geholt. Mit den Abgängen von u.A. Stindl, Nebel und Matanovic verliert der KSC erneut enorm viel offensive Qualität, dazu mit Drewes einen der besten Torhüter der Liga nach Bochum und mit Gondorf den Kapitän und Defensivorganisator.
Stärken: Trotz der überragenden Rückrunde wird Eichners Fokus nach dem Umbruch wieder erstmal sein, das eigene Spiel an den Stärken der Gegner auszurichten. Mit einem deutlich jüngeren Kader sollte die Intensität gegen den Ball deutlich erhöht werden. Eichner ist ein großer Pragmatiker, hat ähnliche Situationen nun schon mehrmals gemeistert und dementsprechend auch Interesse von größeren Vereinen geweckt.
Baustellen: Die Verteidigung ist trotz der Verjüngung des Kaders immer noch ziemlich Oldschool. Flaches Aufbauspiel wird nahezu unmöglich, ist aber auch nicht Eichners Priorität. Matanovic wird in seiner Rolle, den Platz für die nachrückenden Mittelfeldspieler freizuräumen und gleichzeitig selber ein paar Tore zu schießen, unmöglich zu ersetzen.
Star der Mannschaft: Vereinslegende Marvin Wanitzek, der zwischenzeitlich deutlich höher hätte spielen können, sich aber für den Verbleib in der Region entschieden hat
Player to watch: Zivzivadze, EM Teilnehmer für Georgien
Auftakt: (H), (A), Sportfreunde Lotte (Pokal, A)
Prognose: 6. (Ø5,7) – 1. @EventHorizon – 8. 3x
Meine Prognose: Eichner schafft es erneut, den Umbruch zu moderieren, aber Platz 5 kann nicht wiederholt werden, sondern ein respektabler Platz 8.
Hamburger SV
Ausgangslage: Nachdem Walter zwei Jahre lang nur die Relegation erreicht hat, musste er im dritten Anlauf elf Spieltage vor Schluss erneut auf dem Relegationsplatz stehend gehen, damit Baumgart den heiß ersehnten direkten Aufstieg über die Ziellinie bringt. Stattdessen wird es am Ende mit deutlichem Abstand zu den Aufstiegsplätzen nur Rang 4. Nach der Saisonanalyse muss dann auch Sportvorstand Boldt gehen, der letztendlich viel richtig gemacht, aber auch fünf Jahre Nichtaufstieg zu verantworten hat. Im siebten Jahr ist der HSV nun offiziell Zweitligadino.
Stärken: Der HSV hat weiterhin einen Kader, dessen Säulen um Schonlau, Reis, Meffert, Glatzel etc seit 3-4 Jahren unverändert zusammen spielen, eine hohe individuelle Klasse mitbringen, aber eben auch X-Fach den „Versagerstempel“ mit sich tragen. Drumherum hat man über die Jahre hinweg etliche unterschiedliche Spielertypen ausprobiert und durch rotiert. Nie mit dem erwünschten Erfolg aber mit sechs Saisons in Folge Platz 3-4 doch sehr konstant. Mit Elfadli und Selke hat man im Gegensatz zu den letzten Jahren nun endlich zweitligataugliche Backups für Meffert und Glatzel. Wirklich stärker wird man dadurch aber nicht, da Meffert und Glatzel fast immer fit waren und man für die fehlenden Backups dementsprechend nie bestraft wurde.
Baustellen: Trotz der mageren Ausbeute und noch magereren Auftritten hat sich der neue Sportvorstand Kuntz dafür entschieden, Baumgart die faire Chance zu geben, eine Vorbereitung mit der Mannschaft zu bekommen. Die größte Änderung zu Walter war bis dahin eine 3-2er statt 2-3er Restabsicherung, also einem zusätzlichen Mann in der letzten Linie, was etwas defensive Stabilität gebracht, aber auch viel offensive Variabilität gekostet hat. Das optisch wunderschöne „play and go“ Rotationsspiel in der Offensive war gegen Saisonende nahezu tot. Nun muss Baumgart zeigen, wie sein persönlicher Plan aussieht, zu Torerfolgen zu kommen, außer 50 Halbfeldflanken pro Spiel zu schlagen. Die Scorer von Benes wird kein Neuzugang auffangen können. Offensiv wird kein Neuzugang die Benesscorer auffangen können. Entscheidend wird, ob Pherai in seiner zweiten Saison beim HSV eine deutliche Leistungssteigerung hinlegen und seinen Vorschusslorbeeren gerecht werden kann. In die Saison startet man durch den van de Brempt Abgang ohne nominellen RV, es soll aber zeitnah noch jemand kommen. Im Tor hat man mit Heuer-Fernandes und Raab zwei durchschnittliche, aber keinen wirklich guten Torhüter.
Star der Mannschaft: Robert Glatzel
Player to watch: der nominelle Benesersatz Adam Karabec, der mit 21 Jahren schon über 100 Pflichtspiele für Slavia Prag absolviert hat
Auftakt: (A), (H), SV Meppen (Pokal, A)
Prognose: 3. (Ø3,3) – 1. @crade @dotic – 9. @Kamui
Meine Prognose: Baumgarts Fußball hat bisher nur bei Underdogs funktioniert und wird bei einem der Favoriten der Liga nicht fruchten. Erneut mit einem eingespielten Team in die Saison gehen zu können, ist aber ein signifikanter Vorteil gegenüber vielen Konkurrenten. Platz 4.
Fortuna Düsseldorf
Ausgangslage: Nachdem Düsseldorf zuerst am vorletzten Spieltag in Kiel den direkten Aufstieg und dann auch noch nach 3:0 Führung die Relegation verspielt hat, musste man innerhalb von zwei Wochen zwei Teams bei der Aufstiegs/Klassenerhaltsparty zuschauen. Ein härterer Trümmerbruch ist im Fußball natürlich kaum möglich. Zudem muss man mit Tzolis und Engelhardt zwei absolute Leistungsträger ersetzen, hat dafür aber auch ordentlich Geld bekommen.
Stärken: Bei Thioune gilt Stabilität über alles. Bedingt durch einen großen Teil taktischer Anpassungen an den jeweiligen Gegner, ist man dazu in der Lage, gegen nahezu jeden Gegner auf Augenhöhe mitzuspielen. Gegen starke Gegner bedeutet das häufig drei 6er vor der Viererkette, was in der Form für kaum einen Zweitligisten zu knacken ist. Mit Kastenmeier hat man außerdem einen der besten Torhüter der Liga, der sich eigentlich schon länger für eine Rolle in der Bundesliga beworben hat.
Baustellen: Den Preis für den etwas reaktionären Fußball ist die fehlende eigene Identität. Gegen sehr starke und sehr schwache Gegner, weiß man sehr genau, was man von Düsseldorf bekommt. Gegen die ganzen mittelguten Gegner weiß die Mannscahft aber häufig nicht so wirklich, wohin mit sich. Das liegt unter anderem an der seit Jahren unterbesetzten Mittelstürmerposition. In den letzten Saisons hat Thioune erst Kownacki und dann Tzolis als falsche Neun zum laufen zu bekommen. Um mehr die eigene Idee von Fußball umsetzen zu können, bräuchte Thioune aber mal einen ganz normalen Zielspieler. So gut Allofs Transfers drumherum teilweise sind, schafft er es seit Jahren nicht, jemanden zu verpflichten, der zuverlässig zwei IVs bindet und trotzdem 15-20 Saisontore schießt. Allofs diesjährige Idee ist es, Megatalent Pejcinovic mit Mittelfußbruch aus Wolfsburg zu leihen. Kann im Laufe der Saison funktionieren, steht aber erstmal nicht zur Verfügung.
Star der Mannschaft: Ao Tanaka
Player to watch: Naoh Mbamba, Leihspieler vom Werksclub in der Vorstadt
Auftakt: (A), (H), :dynamo: (Pokal, A)
Prognose: 7. (Ø6,7) – 2. @EventHorizon – 18. @mumpfel
Meine Prognose: Es wird die übliche schwere Saison nach einer Relegationsniederlage, aber es reicht locker für die obere Tabellenhälfte. Platz 7.
SV Darmstadt 98
Ausgangslage: Das sich von Darmstadts Spielanlage kaum ein Bundesligist beeindrucken lassen und die individuelle Klasse einfach nicht reichen wird, war relativ vorhersehbar. Trotz dieser eh schon geringen Erwartungshaltung war die Bundesligasaison eine totale Bruchlandung. Man hat genau wie Fürth zwei Jahre zuvor über 34 Spieltage hinweg schonungslos die Grenzen aufgezeigt bekommen und sich dann auch noch mit ansehen dürfen, wie Mitaufsteiger Heidenheim sich mit ähnlichen Mitteln für Europa qualifiziert. Dazu hatte man im Gegensatz zur Aufstiegssaison keinerlei Spielglück mehr und auch noch einige strittige Schirientscheidungen gegen sich, so dass man sich relativ früh im Saisonverlauf in die Opferrolle geflüchtet hat („Die 1. Liga ist eigentlich wie Club-Urlaub”). In den letzten Heimspielen gab es statt bedingungslosem Support am Böllenfalltor nicht nur stille Fassungslosigkeit, sondern sogar Pfiffe und höhnischen Applaus. Aus diesem Stimmungstief müssen sich Team und Umfeld nun erstmal befreien.
Stärken: Das Defensivzentrum. Den Klarer-Verkauf hat man mit Vukotic gut kompensiert. Man hat vier Innenverteidiger im Kader, die bei den meisten anderen Zweitligisten gesetzt wären. In der Startelf hat Darmstadt gerne mal eine Hand voll Spieler über 1,90m. Diese Physis sticht selbst in der eh schon physischen zweiten Liga nochmal heraus.
Baustellen: Um die Stimmung wieder ins positive zu drehen, braucht es denke ich nicht nur Ergebnisse, sondern vor allem auch wieder einen proaktiveren Ansatz im eigenen Ballbesitz. In der Aufstiegssaison hat der Zweck die Mittel geheiligt und der Erfolg hat Lieberknecht Recht gegeben. Aber nochmal wird man nur mit Konterfußball und kurzen, intensiven Pressingphasen denke ich weder sportlich erfolgreich sein, noch eine Aufbruchsstimmung im Umfeld erzeugen. Lieberknecht hat in seiner ersten Darmstadtsaison deutlich offensiveren Fußball spielen lassen (Tietz+Pfeiffer damals zusammen 47 Scorer) und ist damit nur knapp am Aufstieg gescheitert. Er hat also auch andere taktische Mittel. Leicht umzusetzen wird das aber nicht, da mit Holland der Kopf der Mannschaft noch einige Zeit mit Kreuzbandriss fehlt und der mit Abstand beste Fußballer des Kaders Mehlem wahrscheinlich noch in die Championship wechselt. Im Angriff haben die beiden Rekordneuzugänge Vilhelmsson und Stojikovic bisher überhaupt nicht das geliefert, was man sich von ihnen versprochen hat. Vielleicht schafft einer von beiden nun eine Liga tiefer den Durchbruch.
Star der Mannschaft: Fabian Holland (aber noch lange verletzt)
Player to watch: Clemens Riedel, auch wenn die Bundesliga für ihn zu früh kam, eins der größten deutschen IV-Talente
Auftakt: (H), (A), Teutonia Ottensen (Pokal, A)
Prognose: 11. (Ø10,6) – 5. @Kamui – 15. @dotic @crade
Meine Prognose: Es wird eine schwere Saison mit Fortsetzung der Abnutzungserscheinungen unter Lieberknecht. Platz 10.
1. FC Köln
Ausgangslage: Nach dem schwarzen Donnerstag im Dezember mit Trennung von Baumgart und CAS-Bestätigung der Transfersperre, hat Timo Schulz gegen Ende der Rückrunde nochmal ein kleines Feuer entfacht und den Abstieg bis zum letzten Spieltag hinausgezögert. Der Kölner Vorstand um Keller verlängert den Vertrag trotzdem nicht und setzt nun stattdessen auf Struber aus der Rangnickschule, der es als erster Salzburgtrainer seit Ewigkeiten geschafft hat, keinen Titel zu holen. Als unerfolgreicher Trainer aus dem ungeliebten Brausekosmos natürlich direkt mal eine kleine Hypothek.
Stärken: Bis vor ein paar Wochen hätte wohl niemand gedacht, dass Köln es schafft, bis auf Chabot und Selke den gesamten Kader zusammen zu halten. Auch wenn es aufgrund der Transfersperre alternativlos war und die Vertragsverlängerungen ihren Preis gehabt haben, hat der Vorstand da ganze Arbeit geleistet. So hat geht man auf 7-8 Positionen mit einem Top 3-5 Spieler der Liga in die Saison. Im Tor hat man mit Urbig aus meiner Sicht den kommenden Nationaltorhüter. Als einziger Verein der Liga mit einem kompletten Bundesligakader geht man natürlich automatisch als Topfavorit in die Saison, auch wenn der Kader in der Form nicht freiwillig entstanden ist.
Baustellen: Ein großes Fragezeichen ist, wie sehr Struber in den Denkmustern der Rangnickschule gefangen ist. Mit dem nominell stärksten Kader der Liga weitestgehend auf Ballbesitzstrukturen zu verzichten, wäre nicht der vielversprechendste Ansatz. Ein luxuriöses Mittelfeld aus Martel, Huseinbasic und Ljubicic auf die Jagd auf zweite Bälle nach langen Bällen auf Lemperle+Downs zu reduzieren, wäre nicht zuletzt für den neutralen Zuschauer extrem schade. Die großen Kaderbaustellen sind der Mittelsturm, wo man bis zur Winterpause entweder auf den Durchbruch von Lemperle/Downs hoffen muss, oder auf die Glaskochen von Uth und RV, wo aktuell Flügelstürmer Thielmann positionsfremd spielt. Wenn er vorschieben kann, bringt das natürlich eine enorme Durchschlagskraft mit sich, im Spiel gegen den Ball dürfte es gegen die Reeses, Dompes und Rochelts der Liga aber wacklig werden. Bitter ist natürlich auch die schwere Verletzung von Toptalent Finkgräfe, allerdings hat man hier mit Paqarada den wohl stärksten Backup der Liga.
Star der Mannschaft: Timo Hübers
Player to watch: Julian Pauli, gerade 19 Jahre alt geworden und auf dem Papier eigentlich IV Nummer fünf in die Vorbereitung gegangen, liefert sich aber ein Kopf an Kopf Duell mit Kilian um den Platz neben Hübers
Auftakt: (H), (A), (Pokal, A)
Prognose: 1. (Ø1,7) – 1. 6x 4. @EventHorizon
Meine Prognose: Zweitligameister, auch wenn das nicht gleichbedeutend mit einer geschmiert laufenden Saison sein muss. Wenn es nicht wie geplant läuft, wird man im Herbst nochmal den Trainer austauschen und im Winter die 1-2 Kaderbaustellen schließen, um die Weichen in Richtung Wiederaufstieg zu stellen.
Kaers Zweitligapreview 2024/25 Teil 1: unteres Tabellendrittel
Kaers Zweitligapreview 2024/25 Teil 2: mittleres Tabellendrittel